Ganzheitlicher Kosten-Analyse-Ansatz unter Einbeziehung aller Transaktionseffekte

Besonders die strategischen Teile verbergen ein hohes Maß an Rendite-Schätzen. Diese Materialgruppen sind sowohl durch eine hohe Komplexität als auch durch ein hohes Einkaufsvolumen geprägt. Die Komplexität und das hohe Einkaufsvolumen sollten jeden Einkäufer zur Analyse der Gesamtkosten bzw. zur TCO-Analyse bewegen, um die vorhandenen Potenziale zu heben.

Zur ganzheitlichen Betrachtung werden alle internen (unternehmensinterne Abteilungen, z.B. Konstruktion, Vertrieb, weitere) und externen (unternehmensexterne Dienstleister, z.B. Logistikdienstleister, weitere) Wertschöpfungsträger betrachtet. Die internen Wertschöpfungsträger umfassen alle Schnittstellenabteilungen im Unternehmen (z.B. Einkauf, Produktion, Entwicklung, Logistik, Qualität), wobei zu den externen Wertschöpfungsträgern primär alle Vorlieferanten und alle nachgelagerten Kunden gezählt werden. Durch die Skizzierung der gesamten Supply Chain werden alle bedeutenden Wertschöpfungsträger erfasst, das heißt vom Einkauf des Rohstoffs der Vorlieferanten bis zum Endprodukt, das dem Endkunden zur Verfügung gestellt wird, inklusive aller im Hintergrund laufenden Prozesse. Das Ziel ist es sämtliche monetäre zurechenbare Aufwände in der Lieferkette zunächst zu erfassen.

Interne und externe Kostenstrukturanalyse

Erst einmal steht die Sinnhaftigkeit des direkten Preisvergleichs von Teil A und Teil B außer Frage. Eine Einkaufsentscheidung nur auf dieser isolierten Betrachtung zu treffen wäre jedoch – insbesondere in Bezug auf die strategischen Teile – fahrlässig. Um den tatsächlichen Preis bzw. die totalen Kosten zu erhalten, müssen weitaus mehr Komponenten mit in die Betrachtung einbezogen werden. Welche Lieferbedingungen liegen zugrunde? Welche Lieferbedingungen sind definiert und sind die Bedingungen tatsächlich zeitgemäß bzw. überhaupt notwendig? Hier treten bereits die ersten Unschärfen auf. Offensichtlich ist, dass zwischen der Bedingung „frei Haus“ und „ab Werk“ ein logistischer Kostenblock zu ermitteln ist, welcher aus den Prozesskosten einerseits und den eigentlichen Kosten für den Transport andererseits besteht. Schnell wird deutlich, dass dieser Kostenblock ebenfalls einer TCO-Analyse unterzogen werden könnte.

Die monetäre Bewertung der logistischen Preisdifferenzen von Teil A und B bringen uns den „echten Preisen“ also schon ein Stück näher. Die meisten Unternehmen nehmen eine solche Analyse auch tatsächlich vor, wobei die Detailverliebtheit hier eine große Bandbreite zulässt.

Was müssen wir noch wissen, um die Kosten der Beschaffung tatsächlich miteinander vergleichen zu können? Welche Lieferzeiten haben die alternativen Lieferanten?

Bei einer planbaren Verbrauchsmenge kann ich meinen Bestellrhythmus vergleichsweise einfach festlegen. Somit könnte man geneigt sein sich den Lieferzeiten des vermeintlich günstigeren Lieferanten anzupassen und entsprechende Bestellzyklen zu implementieren. Eine monetäre Bewertung entfällt dann. Das ist allerdings falsch. Lieferzeiten bestimmen neben der Bestellhäufigkeit und damit anfallenden Prozesskosten auch die Losgrößen und das somit gebundene Kapital. Je länger die potenzielle Lieferzeit, desto genauer muss ich planen und desto höher werden die Losgrößen sein, welche ich unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit beziehen werde. Das bedeutet eine geringere Lagerumschlagsgeschwindigkeit und geht mit den Kosten des gebundenen Kapitals einher. Längere Lieferzeiten stellen die Unternehmen bei unerwartet gestiegenen Bedarfen außerdem vor größere Probleme im Abfangen von Produktionsspitzen. Das Ausfallrisiko und mögliche Verspätungen in der Kundenbetreuung stellen hiermit einen zusätzlichen Kostenblock dar, welcher mit in die Bewertung einfließen muss.

Kann ich jetzt endlich bestellen? Dieser Frage schließt sich sofort die Anforderung an das zu beschaffende Material an. Das Schlagwort könnte unter anderem „Qualität“ heißen. Ohne diese zu kennen, kann und darf im Rahmen der strategischen Teile keine Entscheidung getroffen werden. Hierbei müssen insbesondere Mängelfolgekosten bei geringerer Qualität mit der Preisdifferenz bei besserer Qualität in die Betrachtung miteinbezogen werden. In dieser Fragestellung ist es unabdingbar die Technik in den Beschaffungsprozessvoll zu integrieren, um eine monetäre Bewertung abbilden zu können. Auch die zuvor erwähnten Kosten des Ausfallrisikos gehen mit dieser Betrachtung wieder einher.

Häufig stehen mit einem Lieferantenwechsel auch weitere monetäre Belastungen an. Investitionen in Maschinen und Werkzeuge können einen erheblichen Kostenblockdarstellen. Basierend auf unterschiedlichen Finanzierungs- und Amortisationsmodellen müssen diese Kosten dem Teile-Preis ebenfalls zugeordnet werden. Die Stückkostenrechnung ist dann folglich umso präziser, je genauer die zukünftigen Bestellmengenprognostiziert werden können.

Im Rahmen des Risikomanagements müssen darüber hinaus auch Währungsrisiken und Liquiditätseffekte in die Kalkulation einfließen. Beim Kauf von Waren in Regionen mitvolatilen Währungskursschwankungen (z.B. Euro zu Indische Rupie) können zwar Finanzinstrumente eingesetzt werden, jedoch haben auch diese ihren Preis. Positive Liquiditätseffekte können insbesondere durchverlängerte Zahlungsziele erreicht werden. Aber auch, und insbesondere, das Einrichten von Konsignationslagern ermöglicht positive Cash-Flow-Effekte. Diese gehören zweifelsohne in die Betrachtung von alternativen Bezugsquellen. Für das nachhaltige Bestehendes Unternehmens ist es wichtig einen Risikomanagementprozess intern und extern zu integrieren.

Die Kostenbestandteile hängen letztlich von den zu beschaffenden Materialien ab. Hat man im Vorfeld eine Materialgruppenanalyse vollzogen und die strategischen Teile identifiziert, so werden Sie feststellen, dass insbesondere der Komplexitätsfaktor variieren kann. Fest steht aber, dass das hiermit im Zusammenhang stehende Einkaufsvolumen eine hohe Hebelwirkung mit sich bringt. Gerade die Komplexität hemmt viele Unternehmen die Suche nach Alternativen zu starten. Häufig fehlen Kapazitäten auf der einen und die empfundene Notwendigkeit auf der anderen Seite. Diese dezidierte Einkaufsbetrachtung muss als Projekt verstanden und als solches aufgezogen werden, um in der Folge einen standardisierten Ablauf innerhalbeines Unternehmens zu schaffen, wenn es heißt Alternativen für aufwendige Materialgruppen zu finden.

Es wurde also deutlich, dass die isolierte Betrachtung des Teile-Preises nicht zielführend sein kann, wenn die Devise lautet: Nachhaltige Einsparungen generieren.

Die vielfältigen Kostenfaktoren können letztlich nur im Rahmen einer Szenario-Simulation optimal bewertet werden. Für die Evaluierung der Szenarien sind zuvor die Kriterien bzw. die Kennzahlen für die Supply Chain zu definieren. Diese gilt es in einem nächsten Schritt in einer der folgenden Ausgaben aufzuzeigen.