DGB-Umfrage zur Digitalisierung der Arbeit

Autor: Sebastian Thelen
Datum: 14.11.2016

Rund die Hälfte der Befragten moniert gestiegene Arbeitsbelastung

Am 10.11.2016 veröffentlichte DGB-Chef Reiner Hoffmann im Beisein des IG BCE-Vorsitzenden Michael Vassiliadis den DGB-Index „Gute Arbeit 2016“ in Berlin. An der repräsentativen Umfrage nahmen insgesamt 9.737 Arbeitnehmer teil und wurden zu ihren Arbeitskonditionen und im Besonderen zu den Konsequenzen der Digitalisierung befragt. „Die Digitalisierung verschärft derzeit ein Problem, auf das die Gewerkschaften seit langem hinweisen: die zunehmende Arbeitsintensität und der damit einhergehende Druck und Stress“, warnte DGB-Chef Hoffmann. „Rund 82 Prozent der Befragten gaben bei unserer Umfrage an, dass die Digitalisierung ihren Berufsalltag prägt – durch E-Mails, Smartphones, computergesteuerte Produktions- und Terminplanung. Und fast jeder Zweite gab an, dass dadurch die Arbeitsbelastung zugenommen hat.“

In der Tat gaben 46 Prozent der Teilnehmer an, dass durch die digitale Revolution ihre Arbeitsbelastung größer geworden sei. Für annähernd genauso viele Befragte (45 Prozent) sei die arbeitsbedingte Bürde gleich geblieben. 9 Prozent gaben an, weniger belastet zu sein. Beim Thema Multitasking zeichnet sich dagegen ein klareres Meinungsbild: 54 Prozent berichteten über eine gesteigerte Erwartung, mehrere Dinge gleichzeitig erledigen zu müssen. 39 Prozent teilten diese Meinung nicht. Ein weiterer interessanter Fakt der Studie ist die Wahrnehmung, dass die Überwachung und Kontrolle der Arbeitsleistung durch die Digitalisierung größer geworden sei. 46 Prozent der Arbeitnehmer votierten für diese Antwortmöglichkeit. Für die Hälfte der Befragten sei die Überwachung gleich geblieben. Auch eine Problematik im Zusammenhang mit der digitalen Revolution sei die fehlende Beteiligung der Mitarbeiter am Einfluss digitaler Technik an ihrem Arbeitsplatz. Fast dreiviertel der Partizipanten hätten keine oder kaum eine Möglichkeit zur Mitsprache. Lediglich 26 Prozent sehen sich eingebunden.

„Die Menschen verlangen faire Teilhabe an den Vorteilen der Digitalisierung. Aber wir sehen: Von allein kommt das nicht“, stellt Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE fest. „Natürlich ist es unser Interesse, dass die Unternehmen die Chancen nutzen, die Industrie 4.0 bietet. Zum Beispiel Chancen, die aus mehr Flexibilität in Produktion, Forschung und Entwicklung sowie Verwaltung entstehen. Aber wenn dieser technische Fortschritt zum Anlass für sozialen Rückschritt wird, wenn die Leute immer weiter ausgepresst werden wie eine Zitrone, sind wir alarmiert.“

Der Geschäftsführer des IT-Branchenverbandes Bitkom, Bernhard Rohleder, sieht in der digitalen Revolution dagegen vor allem die sich bietenden Möglichkeiten. Das Arbeiten werde anpassungsfähiger und es ergäben sich neue, interessante Tätigkeitsfelder. „Digitalisierung bietet auch die Möglichkeit, erstmals seit Jahrzehnten Produktion und Wertschöpfung – und damit Arbeitsplätze – zurück nach Deutschland zu holen, weil die Produktivität durch Digitalisierung stark steigt“, prophezeit Rohleder. Dabei sei vor allem wichtig, dass die digitale Kompetenz bereits noch vor dem Berufseintritt erlernt werde, da sonst den Arbeitnehmern das notwenige Know-How fehle. „Unternehmen müssen verstehen, dass Weiterbildung zu Digitalthemen kein „Nice-to-have“ ist, sondern zum Pflichtprogramm jedes einzelnen Mitarbeiters gehört“, so Rohleder.

Link zur ganzen Studie:
http://www.dgb.de/themen/++co++e876231e-a4e6-11e6-a942-525400e5a74a