Energiebranche: Starke Veränderungen durch Digitalisierung

Autor: Sebastian Thelen
Datum: 12.05.2017

Studie „Digitale Transformation der Energiewelt“ der Österreichischen Energieagentur

Auch die Energiewirtschaft wird in Zukunft stark von der Digitalisierung geprägt sein. Wie diese Ausprägung konkret aussieht, zeigt die aktuelle Studie „Digitale Transformation der Energiewelt“ der Österreichischen Energieagentur.

88 Prozent der Befragten gaben an, dass sie mit starken Veränderungen durch die Digitalisierung in der Energiewirtschaft rechnen und weitere 12 Prozent gehen von mittleren Auswirkungen aus. Mit einer schwachen Berührung der Energiewelt rechnet keiner der Befragten. Andere Branchen sehen das ganze Thema etwas lockerer an: Etwa 75 befürchten starke Veränderungen durch die Digitalisierung und 7 Prozent gehen von einer schwachen Auswirkung aus.

„Die gesamte Energiebranche geht von großen Veränderungen durch die Digitalisierung aus. Interessanterweise sieht sie sich allerdings nicht als Profiteur dieser Entwicklung“, sagt Herbert Lechner, wissenschaftlicher Leiter der Österreichischen Energieagentur. Einigkeit herrscht auch darüber, dass die etablierten Energieunternehmen zukünftig starke Konkurrenz bekommen werden. 88 Prozent der Befragten sehen dabei Energie-Startups als die größte Konkurrenz an. Zudem glauben 85 Prozent der Befragten, dass auch etablierte Unternehmen aus anderen Branchen profitieren werden.
„Dabei zeigt sich ein interessanter Aspekt: Bei den neuen Akteuren zählt nicht mehr vorrangig der Besitz von Infrastruktur, sondern die Kontrolle der Schnittstelle zwischen Anbieter und Kunden. Vormals branchenfremde Anbieter oder Startups verkaufen Strom, ohne ein Kraftwerk zu besitzen“, erläutert Lechner.

Für die Energieunternehmen ist die Digitalisierung von hoher Relevanz, wobei der Mehrwert für die Branche eher gering ist. „Interessant ist die niedrigere Einschätzung des Mehrwertes im Vergleich zur Relevanz der Digitalisierung. Sie kann als Zweifel der Energiebranche interpretiert werden, ob sich die Digitalisierung auch wirtschaftlich in den derzeitigen und künftigen Geschäftsmodellen niederschlagen wird“, analysiert Günter Pauritsch, Leiter des Centers Energiewirtschaft & Infrastruktur in der Österreichischen Energieagentur, und Co-Autor der Studie.

Doch trotz alldem wird das Marktpotenzial für neue B2C Dienstleistungen von Energieexperten zu 81 Prozent als sehr hoch eingeschätzt. Das betrifft vor allem Dienstleistungen rund um Energieeffizienz und Energiemanagement. Zudem zeigt die Umfrage, dass bereits die Hälfte der Energieunternehmen Dienstleistungen anbietet und die andere Hälfte mit der Entwicklung beschäftigt ist.

Durch eine geringe Rentabilität und die rechtlichen Rahmenbedingungen könnte eine erfolgreiche Markteinführung und der Markterfolg neuer Dienstleistungen gehemmt werden, fürchten die Energieunternehmen. Hinzu kommen die niedrigen Energiepreise und die fehlende Zahlungsbereitschaft der Kunden.

54 Prozent der Energieunternehmen gaben an bereits über eine Digitalisierungsstrategie zu verfügen. Verglichen mit anderen Branchen ist diese Zahl gering, dort verfügen schon 73 Prozent der Unternehmen über eine Strategie zu Bewältigung der Digitalisierung. 27 Prozent der Energieunternehmen gaben allerdings an, momentan an einer entsprechenden Strategie oder Organisation zu arbeiten.

Viele Energieunternehmen sind aber auch bereit dazu, sich Hilfe von außerhalb zu holen. Am Bedeutendsten sind dabei die Bereiche Kundenanalyse und –segmentierung, gefolgt von Kundenbeziehungen und Datenmanagement. „Für die etablierten Player der Branche ist klar, dass die Energiezukunft ohne Digitalisierung nicht stattfinden wird. Für sie gilt es die Entwicklungen zu analysieren, Auswirkungen einzuschätzen und entschlossen zu reagieren. Dabei haben sie erkannt, dass das Zusammenspiel mit vielen, auch externen Experten, funktionieren muss, um diese Herausforderung zu meistern“, fasst Lechner zusammen.