Neue Fertigungsmethoden bei Audi

Autor: Osman Cetinkaya
Datum: 23.11.2016

„Paula“ und weitere vereinfachen die Produktion

„Uns war klar, das ist so revolutionär, dass wir das Fließband schlussendlich auflösen werden“, sagt Hubert Waltl, Produktionsvorstand bei Audi. In einer alten Fabrikhalle in Ingolstadt transportieren seit neustem Roboter, selbstständig Karosserien durch eine Montagestraße. An verschiedenen Stationen finden dort viele Montageabläufe gleichzeitig statt. Fabian Rusitschka, von dem diese Idee stammt, stellte diese in Vergleich mit einem Staubsauger-Roboter seinen Chefs vor. Er demonstrierte mit seinem iPhone, wie der Roboter ohne Schienen oder vorgegebene Wege, verschiedene Stationen im Raum anfuhr. Die Arbeit von Rusitschka wird bei Audi schon mit der Entwicklung des Fließbandes von Henry Ford verglichen, die über hundert Jahre her ist.

Die Fließbandarbeit entwickelt sich immer weiter. Inzwischen Arbeiten Roboter mit Menschen zusammen in der Autoproduktion. Doch das bestehende Prinzip der gleichen Reihenfolge der Arbeitsschritte, möchte Rusitschka mit seiner neuen Idee nun verändern. Seit Anfang 2016 entwickelt er die Methode in einem Start-up namens Arculus, mit Beteiligung von Audi. Das Prinzip lautet wie folgt: Wenn ein Arbeitsschritt länger als vorgesehen andauert, bleibt der Roboter mit der Karosserie dennoch länger an der Station stehen. Der Computer errechnet dann, welche Arbeitsschritte vorgezogen werden können und schickt die anderen Roboterwagen zur nächsten freien Station. So bildet sich keine Schlange der Autos.

„Wir würden es nicht machen, wenn es teurer wäre“. Waltl erhofft sich durch die Fertigungsmethode einen Effizienzgewinn von etwa 20 Prozent in den nächsten 10 Jahren. „Das Verkehrsaufkommen zu organisieren ist wie ein Schachspiel“, sagt Rusitschka. Denn jedes Fahrzeug auf dem schnellstmöglichen Weg durch die Produktion zu schleusen, führt in der großen Halle zu einem Durcheinander. Der Computer ist also für die Wege verantwortlich, so dass es nicht zu Umständen kommt. Dies ist gerade die größte Herausforderung für die Mitarbeiter von Arculus. Sie hoffen auch, dass sich die modulare Fertigung nicht nur an Audi, sondern auch an andere Autohersteller und Unternehmen verkaufen lässt.

Rusitschka verspricht, dass die neue Produktionsmethode eine noch deutlich stärkere Individualisierung und Personalisierung ermögliche. „Man kann sich heute nicht mehr leisten wie Henry Ford zu sagen: Der Kunde kann jede Farbe haben, solange sie schwarz ist.“

Es ist nicht das Ziel, die Zahl der Mitarbeiter zu reduzieren, wie es bei anderen Projekten unter dem Namen Smart Factory, bei Audi ist. Dies versichert Rusitschka. Noch ist der Roboterwagen, den die Entwickler unter dem Namen „Paula“ getauft haben, ein Prototyp. Bald sollen aber 5 bis 10 solcher Roboter durch die Werkhallen fahren. Im nächsten Jahr ist auch geplant, dass Gabelstapler ohne Fahrer erstmals eingesetzt werden. Diese sind zwar teurer als die bisherigen Stapler, aber durch das Einsetzten der Stapler 365 Tage im Jahr, und 24 Stunden am Tag, hätte sich der Einsatz dennoch gelohnt.

Bei Audi ist zurzeit auch ein Drohnen-Projekt in Arbeit. Geleitet wird dies von Simon Pierschinski. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern entwickelt er zwei Drohnen, eine 350 Gramm schwere, die es ermöglicht, zum Beispiel Autoantennen zu transportieren. Und die andere Drohne, die bis zu 2 Kilo schwere Lasten, wie zum Beispiel ein Lenkrad transportieren kann. „Wir sehen in den Drohnen die Chance, die dritte Dimension der Logistik zu erschließen“, so Pierschinski. Da auf dem Boden der Fabrikhallen schon viel Lieferverkehr herrscht, ist es aus der Luft aus einfacher Dinge zu transportieren. Bisher ist noch unklar, ob die Drohnen im nächsten Jahr eingesetzt werden.

Quelle: https://www.welt.de/print/die_welt/wirtschaft/article159634086/Audi-baut-seine-Autos-nicht-mehr-am-Fliessband.html