„Verlage sollten das Internet als Chance ansehen“ – Markus Rieger, Vorstand der GoingPublic Media AG, im Interview
Welche Herausforderungen kommen auf Grund der Digitalisierung auf die Verlagsbranche zu? Und was bedeutet das für den Beruf des Redakteurs? Im Interview mit Alexander Hornikel, Senior Partner bei Kloepfel Consulting, gibt GoingPublic Media AG-Vorstand Markus Rieger Antworten auf diese und weitere Fragen.
Mit der GoingPublic Media AG haben Sie umfangreiche Erfahrung in der Verlagsbranche. Welche konkreten Aufgabenbereiche umfasst die Verlagsarbeit?
In der Verlagsarbeit haben wir die beiden Hauptbereiche Redaktion und Vermarktung. Im Zuge dessen müssen beispielsweise Zeitschriften, Magazine und Content produziert werden, aber auch Events geplant, Websites optimiert und Newsletter verschickt werden. Die verschiedenen Aufgaben, welche mit Redaktion und Vermarktung verknüpft sind, sind sehr breit gefächert. Aus den erstellten Zeitschriften werden in unserem Falle cross-mediale Plattformen, welche die Aspekte Print, Online, Event, Netzwerk und Service verbinden. Dabei ist jeder dieser Aspekte ausschlaggebend für den Nutzen der Plattform. So versuchen wir beispielsweise, für unsere Leser stets die passenden Eventangebote zu finden, um das Netzwerkgefühl voranzutreiben. Und auch für uns als Unternehmen haben Events einen hohen Stellenwert, da wir, im Gegensatz zur reinen redaktionellen Arbeit, von der direkten Kommunikation mit unseren Lesern profitieren und lernen können. Grundsätzlich besteht unsere Aufgabe als Fachverlag also darin, unseren Lesern eine cross-mediale Informationsplattform anzubieten, welche neben der reinen Information auch Netzwerkpotenziale umfasst.
Durch die Digitalisierung entstehen völlig neue Herausforderungen für die Verlagsbranche. Wie stark empfinden Sie die Entwicklung weg von Print-Medien hin zu Online-Medien?
Die angesprochene Entwicklung ist zunächst einmal auf ein verändertes Nutzer-Verhalten zurückzuführen. Hier findet ein radikaler Wandel in der Art und Weise, wie wir nach Informationen suchen statt. Das Internet erlaubt es uns heute, zu fast jedem Thema umfangreiche Informationen zu finden. Print-Medien können dieses Maß an Inhalt nicht oder nur zum Teil bieten, weshalb Menschen seltener zum Gedruckten greifen. Die Entwicklung ist nicht abzustreiten, dennoch sollten wir als Verlag das Internet als Chance ansehen und nicht als Bedrohung.
Vor dem Hintergrund des Print-Digital-Wandels: Können traditionelle Geschäftsmodelle von Verlagen in naher Zukunft überleben?
Veränderung gehörte schon immer dazu. Das war vor zweihundert Jahren so und trifft auch heute noch zu. Die Anforderungen unserer Leser verändern sich, folglich müssen auch wir uns verändern. Den Drang nach Weiterentwicklung zu akzeptieren ist obligatorisch, um in der heutigen Zeit erfolgreich zu sein. Wer hingegen stehen bleibt und die Veränderungen nicht toleriert, wird sicherlich nicht überleben. Insofern lautet die Antwort: Ja, traditionelle Geschäftsmodelle von Verlagen können überleben, allerdings unter der Prämisse, dass sie fortlaufend angepasst werden.
Meiner Ansicht nach ist es sogar wahrscheinlich, dass Print in Zukunft wieder einen Aufschwung erleben wird. Geschäftsmodelle von Online-Medien basieren zu großen Teilen auf Werbung. Jedoch ist der von Reizüberflutung geplagte Konsument im Internet kaum noch aufnahmefähig für Werbung und empfindet diese als störend oder ignoriert sie gar. Interessanterweise ist dies in Zeitschriften eher nicht der Fall. Das Ergebnis vieler Leserstudien ist, dass Druckwerke gerade Imagewerbung über Marken, Farben und Slogans immer noch viel besser transportieren.
Welche Maßnahmen setzen Sie ein, um sich dem digitalen Wandel anzupassen?
Wir versuchen unsere Titel nicht als reine Print-Angebote zu platzieren, sondern Print, Online und Event zu verbinden. Im Online-Bereich gibt es aber natürlich diverse weitere Möglichkeiten, um dem digitalen Wandel gerecht zu werden. Zum Beispiel ist jede unserer Ausgaben zusätzlich als E-Variante verfügbar. Nicht als PDF, sondern als tatsächliches E-Magazin, welches online durchblättert werden kann. Auch hier stellen wir den Faktor Kommunikation in den Vordergrund. Leser können dem jeweiligen Autor direkt eine Mail schreiben und ihre Ansichten kundtun.
Die klassischen Online-Maßnahmen wie Newsletter und Websites sind natürlich auch Teil unseres Repertoires. Ein treffendes Beispiel für ein Hybrid-Angebot zwischen Online und Print ist unsere M&A Review. Ein Abonnement dieser Zeitschrift kostet rund 400 Euro und beinhaltet zehn gedruckte Ausgaben sowie Zugriff auf ein Online-Archiv, welches dreißig Jahre zurückgeht. Wer lieber auf das Gedruckte verzichten möchte, muss auch weniger zahlen. So kombinieren wir Print & Online und bieten unseren Lesern gleichzeitig ein hohes Maß an Flexibilität.
Wie verändert sich das Berufsbild des Redakteurs?
Auf Redakteure kommen heute und in Zukunft ganz neue Herausforderungen zu. Die Medienwelt erlebt zurzeit eine spannende Entwicklung, welche natürlich stark durch Digitalisierung geprägt ist. Redakteure müssen z.B. SEO-Schulungen durchlaufen und lernen, worauf es in der „neuen“ Medienwelt ankommt. Die eigentlichen Herausforderungen sind sehr individuell, da zwischen TV-, Radio-, Print- und Online-Redakteuren gewaltige Unterschiede liegen. Jeder Redakteur muss sich also seiner Branche entsprechend informieren und anpassen.
Wie gestaltet sich die Organisationsstruktur Ihres Verlages?
Wir haben verschiedene Verlagsleiter, welche einzelne Profit-Center verantworten. Diese Profit-Center sind unsere individuellen und einzigartigen Plattformen, welche jeweils das Magazin, die Website und damit auch die Online-Aktivitäten umfassen. Die Verlagsleiter sind in ihrem Bereich sowohl für die Vermarktung als auch für die Redaktion verantwortlich. Der Vorteil dabei liegt darin, dass jede Plattform das Wissen über ihr jeweiliges Thema präzise bündeln kann. Daraus resultiert allerdings manchmal eine geringere Kommunikation. Künftig planen wir, das Thema interredaktionelle Zusammenarbeit stärker voranzutreiben.
Gibt es schon Pläne für die Gründung weiterer Fachzeitschriften?
Wir haben uns vorgenommen, zunächst aktiv mit unserem bestehenden Portfolio zu arbeiten. Natürlich sind wir permanent dabei, die Medienlandschaft zu beobachten und Potenziale für Medienkäufe und –Verkäufe zu ergründen. Die eigene Gründung neuer Formate haben wir allerdings in den Hintergrund gerückt.
Vielen Dank für das Interview!
Inhaltsverzeichnis
- Start KW30 / 2018
- „Verlage sollten das Internet als Chance ansehen“ – Markus Rieger, Vorstand der GoingPublic Media AG, im Interview
- Mitarbeiter im Fokus – Kloepfel HR Solutions unterstützt Valensina im HR-Bereich
- HWWI-Rohstoffpreisindex im Minus
- Kloepfel Consulting auf dem Career Day der FOM
- Beschaffungsmarkt Schweiz – Unser Nachbarland im Check
- Beschaffungsmarkt Brasilien: Alles süß im Land des Zuckerhuts?
- Neues aus der Kloepfel Group
- Kloepfel Group in den Medien
- Stellenanzeigen von Kloepfel Recruiting
- Tesla bittet Lieferanten um Rabatte
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