Dr. Axel Fuhrmann, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf, im Interview

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Die Handwerkskammer Düsseldorf hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem Handwerk eine starke Stimme gegenüber Politik und Öffentlichkeit zu geben. Sie berät ihre Mitglieder in allen Bereichen des Unternehmerdaseins im Handwerk. Im Interview berichtet Dr. Axel Fuhrmann, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf (HWK Düsseldorf), vom HWK-Alltag und gibt Einschätzungen zum Status Quo sowie der zukünftigen Entwicklung des Handwerks ab.

Als Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf sind Sie Ansprechpartner für Grundsatzfragen der Handwerkspolitik. Welche Fragen und Herausforderungen kommen im Zuge dessen täglich auf Sie zu?

Der Hauptgeschäftsführer ist, wie bei den Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und auch berufsständischen Kammern, immer für die Grundsatzfragen der Kammerpolitik zuständig. Das gilt für unsere Handwerkskammer ganz besonders, weil wir als Handwerkskammer Düsseldorf sozusagen Landeshauptstadt-Kammer sind und somit in besonderer Weise gefordert sind. Beispielsweise ist das Schulministerium nur 500 Meter Luftlinie von unserem Standort in Düsseldorf-Bilk entfernt. Dementsprechend gibt es enge Kontakte zu diesem Ministerium, da man in der Regel zu allererst bei der Vorort-Kammer anruft. Somit sind wir als HWK Düsseldorf stark politisch geprägt, gleiches gilt im Übrigen auch für die IHK hier in Düsseldorf.

Wir sind zuständig für alle Fragen, die im Lebenszyklus eines Unternehmens aufkommen. Beginnend bei der Betriebsgründung über Fragen zur Finanzierung, Fachkräftebedarf oder Ausbildung bis hin zum Thema steuerliche Belastung und Bürokratie. Auch Fragen zur Betriebsübergabe gehören zum Portfolio dazu, Digitalisierung selbstverständlich genauso. Jedes Thema, welches eine gewisse wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderung zur Folge hat, findet man bei uns wieder, da es letztendlich die kleinen und mittleren Betriebe betrifft.

Welchen Bezirk verantworten Sie und wie ist die HWK Düsseldorf aufgestellt?

Der Handwerkskammerbezirk Düsseldorf hat den gleichen Umfang wie der Regierungsbezirk Düsseldorf. Dazu zählen unter anderem Düsseldorf, Mettmann, der Rhein-Kreis-Neuss, Duisburg, Essen, aber auch Kleve, Mönchengladbach und Krefeld sowie die bergischen Großstädte Wuppertal, Solingen und Remscheid. Insgesamt sprechen wir dabei von 59.000 Handwerksbetrieben, die verpflichtend Mitglied unserer Kammer sind. Darunter fallen wiederum rund 20.000 Auszubildende und insgesamt circa 300.000 Mitarbeiter in den Betrieben. Um unsere Aufgaben zu erledigen, beschäftigen wir insgesamt 250 Mitarbeiter, wovon 217 Vollstellen sind und die anderen Mitarbeiter in Teilzeit. Wir haben die größte handwerkliche Meisterschule Deutschlands; jedes Jahr werden 1.000 Meister vorbereitet, geschult und geprüft.

Warum muss das Handwerk in Deutschland gestärkt werden?

Das Handwerk ist sicherlich seit Jahrzehnten einer der wesentlichen Faktoren für die wirtschaftliche Robustheit in Deutschland. Immer wieder prognostizierte man Szenarien, in denen das Handwerk der Automatisierung, Digitalisierung und Industrialisierung zum Opfer falle. Doch seine Robustheit hat es nach wie vor nicht verloren. Das Handwerk ist der größte Arbeitgeber in NRW. 190.000 Betriebe beschäftigen stolze 1,12 Millionen Arbeitnehmer. Keine Branche kann diesen Wert in NRW übertreffen. Somit gehört das Handwerk zu den großen Säulen der gewerblichen Wirtschaft. Hinzu kommt, dass wir noch immer der „Ausbilder der Nation“ sind – zumindest, wenn es um gewerbliche Lehrlinge geht. Wir geben jedem eine Perspektive, von Hauptschülern über Förderschülern bis hin zu Abiturienten. Daher kommen unsere insgesamt 80.000 Auszubildenden, die wir auf ihrem Weg begleiten.

Als Gesamthandwerk tragen wir erhebliches zum Wohlstand Deutschlands bei und sichern auch die Nachversorgung der Bevölkerung. Umso mehr sind wir der Überzeugung, dass kleine und mittlere Handwerksbetriebe besonders unterstützt und gestärkt werden sollten. In der Funktion dies zu gewähren, sehe ich auch die HWK Düsseldorf. Wir bündeln die Interessen der Betriebe, um diese mit der Politik zu diskutieren und zu verhandeln. Denn im Gegensatz zu den großen Konzernen ist es Sechs-Mann-Betrieben aus dem Handwerk nicht möglich, einfach so an einen Minister oder Staatssekretär heranzutreten.

Wie trägt die HWK Düsseldorf dazu bei, ihre Mitglieder zu unterstützen?

Das eine ist die „Lobbyarbeit“ gegenüber der Politik, welche wir in Vertretung unserer Mitglieder übernehmen. Ebenso wichtig ist für uns, dass wir unsere Betriebe in den bereits beschriebenen Themenfeldern beraten. Gibt es beispielsweise Probleme mit Krediten der Hausbank, wenden sich häufig Betriebe an uns. Wir schauen uns dann gemeinsam die Zahlen an und erarbeiten einen neuen Business-Plan, um entsprechende Lösungen aufzuzeigen. Wir haben auch einen Innovationsberater, der sich mit dem Themenkomplex Digitalisierung beschäftigt. Auch für kleine Handwerksbetriebe wird die sichere Datenlagerung und -verwaltung immer wichtiger, gleiches gilt für den Internetauftritt. Hinzu kommt auch noch unsere Standortberatung, welche Betrieben beim Bau neuer Gebäude zur Verfügung steht. Hier geht es darum, Betriebe bei Anbauten oder Neubauten zu beraten. Gibt es mit den z.B. Lärmemissionen Probleme mit den Nachbarn? Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl eines Handwerksbetriebs beträgt sechs Mitarbeiter. Häufig ist einer davon Meister und die Familie ist in das Unternehmen integriert. Eine Personalabteilung existiert natürlich nicht, daher stellen wir Ausbildungsberater zur Verfügung. Diese besuchen den Betrieb, wenn es Spannungen zwischen Meister und Lehrling gibt, oder wenn Betriebe erst gar keinen Auszubildenden finden. All unsere Beratungsangebote sind kostenlos und mehrfach nutzbar. Unsere Arbeit für die Betriebe ist also sehr vielseitig. Wir decken fast jeden Bereich ab, in dem Handwerksbetriebe potenziell Unterstützung benötigen könnten. Und wenn Betriebe mit einem für uns neuen Problem anfragen, lernen wir gerne dazu.

Welche Berührungspunkte mit dem Einkauf sind hinsichtlich Ihrer Arbeit bei der HWK festzustellen?

In der Vergangenheit hatte das Thema ‚Einkauf‘ nur eine recht niedrige Priorität innerhalb der HWK Düsseldorf. Die Fachabteilungen haben Materialien eingekauft, die sie benötigten und das war alles. Vor vier Jahren haben wir begonnen, das zu ändern. Wir haben angefangen, Dienstleistungen erstmals bewusst auszuschreiben, Reinigungsleistungen zum Beispiel. Unser Standort in Düsseldorf umfasst etwa 40.000 Quadratmeter, einerseits Bürofläche und andererseits Werkstattfläche. Angefangen beim Thema Gebäudereinigung ging es dann weiter mit der Bestellung von Papier und weiteren Verbrauchsprodukten. Es wurden mehrjährige Rahmenverträge mit lokalen Lieferanten verhandelt. Warum lokale Lieferanten? Insbesondere kleine und mittlere Handwerksbetriebe hängen durch ihre geringe Reichweite größtenteils von lokalen Kunden ab. Als Handwerkskammer vertreten also auch wir diese Einstellung und unterstützen dementsprechend lokale Unternehmen. Auf Seiten unserer Mitglieder kommen nur selten den Einkauf betreffende Anfragen. Meistens liegen sehr enge Beziehungen zwischen Handwerksunternehmen und Lieferanten vor. Auch der Großhandel ist im Handwerk sehr gut entwickelt.

In vielen Branchen hinterlässt der Fachkräftemangel seine Spuren, wie steht es diesbezüglich um die Handwerksbranche?

Tatsächlich steht das Handwerk hinsichtlich Fachkräften vor einem großen Problem. Als der Begriff „Fachkräftemangel“ vor einigen Jahren groß in der Wirtschaft aufkam, haben wir unsere Mitgliedsbetriebe zu dem Thema befragt. Damals war der Fachkräftemangel eher ein gefühltes als ein tatsächliches Problem. Heute jedoch gehört es im Handwerk zu den größten Herausforderungen. Und das aus einem banalen Grund: Handwerksbetriebe rekrutieren ihre Mitarbeiter nicht über Hochschulen. Ein Malerbetrieb setzt keinen Bachelor-Absolventen als Maler oder Lackierer ein. Viele andere Branchen mögen davon profitiert haben, dass wir 18.000 Bachelor- und Masterstudiengänge haben. Unsere Betriebe sind darauf angewiesen, in die eigenen Mitarbeiter zu investieren. Dies hat das Handwerk mittlerweile erkannt, allerdings wird es immer schwieriger, junge Menschen – hier vor allem Abiturienten – für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern. Es deutet sich zwar ein leicht gegenläufiger Trend an, allerdings sind wir noch weit entfernt von den Ausbildungszahlen, die wir eigentlich benötigten. Auch in diesem Jahr hatten wir wieder an die Tausend freie Lehrstellen in unserem Bezirk. Das sind Stellen, die entweder nicht besetzt werden konnten, oder die nach einem Abbruch wieder frei geworden sind. Neben Abiturienten, die noch zu selten einen handwerklichen Ausbildungsberuf nachfragen, haben wir auch das Problem, dass wir zu wenige Frauen haben. In den Bereichen Elektrotechnik, im Baubereich oder auch im Metallbau haben wir über 80 Prozent Männer. Hier ist es unsere Aufgabe, auch Frauen davon zu überzeugen, dass das Handwerk ein guter Einstieg in das Berufsleben ist.

Neben Industrie 4.0 kursiert auch der Begriff Handwerk 4.0 in Medienkreisen. Wie sieht Ihre Vision einer digitalisierten Handwerksbranche aus? Wo stehen Handwerksunternehmen zurzeit in Sachen Digitalisierung?

In den letzten Jahren hat sich immer stärker abgezeichnet, dass das Thema Digitalisierung auch im Handwerk an Bedeutung gewinnt. Unsere Landesregierung macht hier auch Tempo. Zahlreiche Betrieben sind in punkto Digitalisierung auf einem guten Weg. Doch ein Großteil tut sich immer noch schwer. Die Mentalität „Ich habe einen Computer – Ich bin digitalisiert“ reicht in der heutigen Zeit nicht mehr aus. Wir raten unseren Betrieben, mehr zu investieren. Investitionen in Hardware, Software und in Manpower. Natürlich scheitert es im Handwerk nicht selten an der Generationenfrage. Oft sprechen wir mit Betriebsleitern, die bereits jahrzehntelang ohne Digitalisierung erfolgreich ihren Betrieb geleitet haben. Diese dann davon zu überzeugen, dass sie ihr Geschäft stärker digitalisieren müssen, fällt meist schwer. Das hängt einfach damit zusammen, dass das Denken dieser Menschen, genau wie meines auch, noch sehr durch die Zeit ohne all die digitalen Möglichkeiten geprägt ist. Um den Betrieben das Thema näherzubringen, hat vor kurzem in Düsseldorf die Elektro-Innung einen besonderen Showroom eröffnet. Dabei handelt es sich um einen Smart-Home-Showroom, in dem man zum Beispiel live erleben kann wie Hausgeräte miteinander kommunizieren und wie Diebstahlschutz intelligent gesteuert werden kann. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahren weiter manifestieren. Umso wichtiger ist es, dass wir uns im Handwerk darauf vorbereiten.

Vielen Dank für das Interview!

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