Michael Wolf (VDMA, Referent Einkauf und Materialwirtschaft) über die Einkaufstrends im Maschinen- und Anlagenbau
Kloepfel Magazin Januar 2015
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Michael Wolf
Michael Wolf: Strategische Einkäufer kommen in der Regel sehr viel herum und haben die Möglichkeit sich auf Messen und bei Lieferanten über neue Fertigungsverfahren und neue Technologien zu informieren. Ein entsprechendes Selbstverständnis der eigenen Rolle vorausgesetzt kann der Einkäufer als Technologiescout fungieren und neue Technologien und Trends an das eigene Unternehmen herantragen. Als Schnittstelle zum Beschaffungsmarkt sollte es heute zum Aufgabenspektrum des Einkaufs gehören, die Entwicklung zugekaufter Technologien zu verfolgen, weil die Kernkompetenz für diese Technologien in der Regel bei den Lieferanten liegt. Als Netzwerker kann der Einkauf Lieferantentage, Technologietage oder Konzeptwettbewerbe gestalten. In der Zukunft dürften auch die Technologiekompetenz und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit der Lieferanten zunehmend zu Kriterien der Lieferantenauswahl werden.
Kloepfel Magazin: Welches sind Ihrer Meinung nach im Maschinen- und Anlagenbau aktuell die wichtigsten Trends im Einkauf?
Michael Wolf: Die wesentlichen Trends im Einkauf ist die Vernetzung intern wie extern und die ganzheitliche Optimierung von Wertschöpfungsketten. Der globale Wettbewerb erfordert kürzere Innovationszyklen, höhere Individualisierung der Produkte und günstigere Herstellkosten. Insbesondere die Zusammenarbeit mit Entwicklung und Produktion müssen dabei neu definiert werden. Gemeinsam mit der Entwicklung muss der Einkauf an der Optimierung von Produkt- und Produktkosten arbeiten und dabei das Know-how ausgewählter Lieferanten einbinden. Hier geht es um Themen wie Spezifikationen, Vorzugslieferanten, Variantenvielfalt und Modularisierung von Baugruppen. Fortschritte in diesen Bereichen senken nicht nur die unmittelbaren Produktkosten, sondern bilden auch die Grundlage für Bündelungseffekte und Logistikvereinbarungen mit Lieferanten, weil Bedarfe ein Stück planbarer werden. Die Zusammenarbeit mit der Produktion bietet Chancen durch eine bessere Synchronisation der eigenen Fertigung und Montage mit der Bereitstellung zugekaufter Güter. Vielfach helfen MES Systeme dabei für die nötige Transparenz zu sorgen und in vielen Unternehmen sorgen moderne Produktionssysteme, etwa auf Basis von Lean-Konzepten, für eine Straffung des Produktionsdurchlaufes. Der Einkauf muss mit neuen Beschaffungskonzepten und prozessfähigen Lieferanten diese Produktionssysteme beschicken. Das Unternehmen insgesamt profitiert von kürzeren Durchlaufzeiten, weniger Bestand in der Fertigung und geringerer Kapitalbindung.
Kloepfel Magazin: Was sind die größten Schmerzen der Einkäufer im Maschinen- und Anlagenbau?
Michael Wolf: Einkäufer im Maschinenbau kennen keine Furcht. Kern der Einkaufsaufgabe bleibt am Ende des Tages natürlich unverändert die wirtschaftliche Versorgung der Produktion mit den benötigten Materialien. Insofern sind sprunghafte Preisänderungen oder plötzliche Verknappungen am Beschaffungsmarkt der größte Störfaktor. Die Volatilität hat in den letzten Jahren zugenommen. Vorbeugen lässt sich hier nur durch strategische Arbeit und ein adäquates Risikomanagement, das in guten Zeiten Strukturen und Beziehungen schafft, die dann in Krisensituationen dabei helfen, mit Änderungen der Marktsituation umzugehen.
Kloepfel Magazin: Welche Erfindung müsste einmal gemacht werden?
Michael Wolf: An zwei Stellen ist trotz unzähliger Anbieter und Lösungsansätze noch nicht der große Durchbruch gelungen: Zum einen beim automatisierten Austausch von Auftragsdaten mit Lieferanten und deren automatischer Weiterverarbeitung. Insbesondere bei kleinen Unternehmen, hochgradig individuellen Produkten und komplexen Spezifikationen, hapert es noch immer an der Umsetzung. Zum anderen hat sich im Bereich der Weiterbildung noch kein Konzept etabliert, wie berufsbegleitend, praxisnah und mittelstandstauglich die Qualifizierung der Mitarbeiter vorangetrieben werden kann.
Michael Wolf
Referent Einkauf und Materialwirtschaft
Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA)