Stefan Burk, Vorstand der BURK AG, über Krisenursachen und Krisenbekämpfung
1. Worin sehen Sie die häufigste Krisenursache mittelständischer Unternehmen? Woran liegt das?Die Ursachen sind häufig vielschichtig und selten ist ein Ereignis alleine maßgeblich. Wirtschaftliche Handlungszwänge nicht rechtzeitig zu erkennen und gegenzusteuern zählt ebenso zu den Ursachen, wie fehlende Kommunikation zwischen den Verantwortlichen.
In der Praxis begegnet uns häufig die Situation, dass die wirtschaftliche Schieflage eines Unternehmens von der Unternehmensleitung nicht rechtzeitig wahrgenommen und häufig auch zunächst verdrängt wird. Das Prinzip Hoffnung regiert. Daneben erleben wir, dass sich gerade die Entscheider auf Grund der Belastungen im Tagesgeschäft oft keine Zeit nehmen, um betriebswirtschaftliche Kennzahlen zu analysieren und eine Strategie daraus abzuleiten.
2. Wie kann einer solchen Krise vorgebeugt werden? Gibt es explizite Maßnahmen?
Im betrieblichen Alltag kommt häufig die Möglichkeit zu kurz, strategische Überlegungen anzustellen, Entwicklungen und Trends zu bewerten und letzten Endes auch konsequent umzusetzen. Dabei geht es nicht immer nur um Unternehmensentwicklung, sondern auch um eine Standpunktanalyse und Marktanpassung. Aus der Erfahrung kann ich sagen, dass auch der rechtzeitige und offene Austausch mit Beratern und Steuerberatern über betriebliche Sachverhalte und Herausforderungen immer zielführend und hilfreich ist.
3. Welche Branchen sind besonders betroffen?
Ich kann nicht sagen, dass bei den zuvor von mir benannten Handlungsmustern einzelne oder spezielle Branchen betroffen sind. Vielmehr ist die Unternehmensgröße ein erkennbarer Parameter. Kleinere Betriebe sind eher und häufiger betroffen als Große – unabhängig von der Branche. Es handelt sich eher um eine Unternehmenskonjunktur, als um eine Branchenkonjunktur.
Gleichwohl haben bestimmte Branchen derzeit in der Tat stark zu kämpfen. Schon seit längerer Zeit kämpfen sowohl die Druckindustrie als auch die Möbelbranche um bessere Erträge. Auch die Textilindustrie ist derzeit nicht gerade auf Rosen gebettet und ringt mit den Onlineanbietern um Marktanteile. In der Automobilindustrie dominieren derzeit der Abgasskandal sowie Auseinandersetzungen zwischen Konzernen und Zulieferern das Geschehen. Perspektivisch wird sicher auch der Trend zum Elektroauto Spuren in den Büchern hinterlassen.
Vorteilhaft für eine erfolgreiche Positionierung am Markt sind nach wie vor die Spezialisierung auf das Kerngeschäft und eine klare Ausrichtung auf den Kundennutzen. Das sind eher Erfolgsgaranten als eine reine Produktfokussierung. Dies gilt unabhängig von der jeweiligen Branche. Das Verbraucherverhalten wandelt sich, dem muss Rechnung getragen werden.
In jeder Branche gibt es aber auch Unternehmen, die sich durch geschicktes Verhalten besser verkaufen als ihre Mitbewerber. Das hat eine Ursache. Hier gilt es anzuknüpfen.
4. Welche Mittel und Wege gibt es, um im Falle einer Krise standhaft zu bleiben?
Eine Krise im Unternehmen macht nie vor der eigenen Persönlichkeit halt. Wichtig ist es, seine Stärken zu kennen und zu fokussieren. Wir geben unseren Mandaten in Gesprächen viele persönliche Hinweise und Hilfestellungen. In Zeiten der Unsicherheit gibt es nun mal keine Sicherheit. Die Besinnung auf die eigene Stärke, die einem das Überleben sichern kann, ist die einzige sinnvolle Fokussierung.
Weiterhin sollte man sich mit seinen Zielgruppen beschäftigen. Wer ist für das künftige wirtschaftliche Wachstum wichtig? Wer kann das geben, was die bisherigen Auftraggeber nicht mehr geben können? Ein ständiger Dialog mit den Zielgruppen ist wichtig. Welche Gelegenheiten gibt es, welche müssen geschaffen werden? Wo können Sie einen Nutzen stiften, den Ihre Zielgruppe bislang vermisst hat?
Die Strukturierung von Problemen und die Spezialisierung im jeweiligen Kerngeschäft ist zudem ebenso wichtig, wie die Konzentration auf wesentliche Aufgaben. Eben die, bei denen Geld verdient wird.
Und nicht zuletzt, sollte man sich die Unterstützung der Familie bzw. des Partners sichern. Auf wen kann man sich in Krisenzeiten bedingungslos verlassen? Auch wenn die Umsetzung schwierig ist, eine ausgewogene Work-Life-Balance ist besonders in Krisenzeiten extrem wichtig.
5. Wie gehen Sie bei der Krisenberatung vor?
Die wichtigste Maxime vorab ist immer: Wo ist das drängendste Problem des Unternehmens und was ist notwendig um es zu lösen?
Grundsätzlich prüfen wir zu Beginn, ob eine Sanierung möglich ist. Teilweise liegen rechtliche Handlungszwänge vor, die es zu beachten gilt. Liegen zum Beispiel Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit vor, ist ein Insolvenzantrag zu stellen. Selbst hier ist es häufig noch nicht zu spät für rettende Maßnahmen.
Die Auseinandersetzung mit den betrieblichen Faktoren ist der nächste Schritt: Wo liegen die Potentiale, die man gemeinsam mit den Mitarbeitern aus den Marktpotentialen und den Betriebseinrichtungen heben kann. Wie sind perspektivisch die Chancen des Unternehmens am Markt?
Will bzw. kann der Unternehmer dauerhaft weitermachen? Konkret also auch die Frage, ob die Familie des Unternehmers das Sanierungskonzept mittragen kann oder will.
6. Was kann man aus vergangenen Krisen lernen?
Nicht nur im, sondern am eigenen Unternehmen arbeiten: Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche. Was sind die wirklich wichtigen Aufgaben für Sie und Ihr Unternehmen. Womit verdienen Sie Ihr Geld? Wie wird sich in Zukunft Ihr wirtschaftliches Umfeld verändern? Sind Sie darauf vorbereitet?
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