Wie wird das Image des Einkaufs im Unternehmen gestärkt?
Erfahren Sie aus erster Hand von Dr. Stephan Hofstetter, Partner bei Kloepfel Consulting, wie proaktive Kommunikation sowie Positionie-rungsfaktoren zur Stärkung des Einkaufs beitragen können
Das Aschenputtel-Syndrom
Der immer weiter wachsende Anteil des Einkaufsvolumens in der verarbeitenden Industrie liegt schon bei rund 56,7%. Dies wäre ein weiterer Faktor für die Unternehmen, den Einfluss des Einkaufs für die Wettbewerbsfähigkeit wertzuschätzen. In mittelständischen Unternehmen liegen indessen weiterhin wertvolle Renditeschätze verborgen. Die potentiellen Wertbeiträge wären den meisten Einkäufern durchaus bewusst. Wo der Einkauf noch zu stiefmütterlich behandelt wird, sollte er nicht unbedingt darauf hoffen, dass die Geschäftsführung eines Tages bemerkt, wie wichtig sein Einfluss doch für das Unternehmen sein könnte. Beide Ausflüchte, sich in einer Zentrale zu isolieren oder sich nur auf die operative Beschaffung zu beschränken, führen auch nicht unbedingt zum Ziel. Ein erfolgreicher Weg sieht in der Praxis doch etwas anders aus. Um in die Rolle des Partners auf Augenhöhe zu wachsen, darf durchaus mit einem gewissen Selbstverständnis gearbeitet werden. Aber wie genau kann der Einkauf aktiv sein Potenzial als Margenmotor und Wertetreiber den Vorgesetzten und Kollegen transparent machen und seine eigene Position festigen?
6 Positionierungsfaktoren für den Einkauf
Das Branding
Der Einkauf kann sich als eine eigene Marke definieren, um sich erfolgreicher im Unternehmen zu positionieren. Welches Eigenbranding seine Vorstellung passend interpretieren würde und welches negative Image zu umgehen wäre, sollte das Einkaufsteam gemeinsam entscheiden. Dabei sind Metaphern in Anlehnung an die Tierwelt oder an populäre Brands hilfreich. Anspruch und gelebte Praxis dürfen nicht zu weit auseinander klaffen.
Die öffentliche Arena
Das klassische „Johari-Fenster“, welches 1995 durch die Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham entwickelt wurde, bietet einen Denkansatz, um die Eigen- und Fremdwahrnehmung im Unternehmen besser in Einklang zu bringen. Ein blinder Fleck ist überall dort, wo Kollegen eine Wahrnehmung vom Einkauf haben, die dem Einkauf selbst nicht bewusst ist. Um den blinden Fleck zu verkleinern, würde ein kontinuierliches Feedback sowohl kritisch als auch positiv gestimmter Stakeholder helfen. Wichtige Einkaufserfolge, die nur im Einkauf und wenigen Leuten bekannt sind, werden kaum zur Positionierung beitragen und bleiben Geheimnis des Einkaufs. Diejenigen Einkaufserfolge, die mit den Anspruchsgruppen geteilt werden, bilden die öffentliche Arena. Einfache Wege für eine offenere Kommunikation wären zum Beispiel ein Monatsreport, ein Magazinblatt oder eine periodische Fokussitzung mit Stakeholdern. Die Selbst- und Fremdwahrnehmung wird durch die proaktive und intensivere Kommunikation sowie systematische Feedbacks von vor- und nachgelagerten Stakeholdern kontinuierlich verbessert.
Proaktive Kommunikation
Um die verdiente Aufmerksamkeit der Kollegen und Vorgesetzten zu erhalten, sollten die eigenen Leistungen und das Potenzial des Einkaufs also proaktiv kommuniziert werden. Anhand eingängiger Fachkonzepte oder einem durchdachten „Plan“ für strategische Warengruppen können die Ziele im cross-funktionalen „Kleeblatt“ offen, übersichtlich und verständlich abgestimmt werden. Hier bietet sich etwa der einseitige Warengruppen-Steckbrief an, der die Inhalte auf den Punkt bringt. Darin wird das Beschaffungs- und Lieferantenportfolio konsolidiert dargestellt. Um den Überblick zu vervollständigen, werden eine einfache Beschaffungsstrategie formuliert, einen klaren Aktionsplan entworfen sowie die Fortschrittskontrolle kontinuierliche aktualisiert. Ein monatlicher Einkaufsreport fasst die Umsetzung nach Härtegrad übergreifend zusammen.
Chancen wahrnehmen
Irgendwann bietet sich jedem Einkauf die Chance, die eigenen Ansprüche für das Unternehmen zu bestätigen. Sobald sich diese Möglichkeit ergibt, sollte der Einkauf sie flexibel nutzen und in einem Projektteam mitarbeiten. Dagegen macht es keinen guten Eindruck, wenn der Einkauf erst mit Verspätung reagiert oder gerade unabkömmlich ist. Um mit einem Projekt schließlich erfolgreich zu sein, müssen etwa die Interessen der Anspruchsgruppen differenziert wahrgenommen werden. Diese können sich von denen des Einkaufs durchaus unterscheiden. Die Nutzwertanalyse wäre ein klassisches Instrument, Entscheidungen im Team nachvollziehbar und gemeinsam zu treffen. So wichtig die Fachkompetenz auch ist, ein guter Teammix mit sozialer und kommunikativer Kompetenz darf auf keinen Fall zu kurz kommen. Er rundet das Bild eines erfolgreichen Einkaufs ab.
Die Grundhaltung
Prinzipiell hilft dem Einkauf eine offene und entgegenkommende Position bei der Lösung der Probleme. Dabei sollte zum einen die Sicht auf sich selber, aber auch die Sicht den Stakeholdern gegenüber von positiver Natur sein. Nur so kann die in abteilungsübergreifenden Teams erfolgreich zusammengearbeitet werden. Im Umkehrschluss gefährden Hochmut sowie Selbstzweifel die Kooperationsfähigkeit. Weitere Tipps finden sich in der klassischen Transaktionsanalyse.
Die Aufbruchsstimmung
Wer einen Plan verwirklichen will, muss authentisch eine Vision entwickeln. Da-mit lässt sich das Einkaufsteam für einen Aufbruch begeistern. Das Team ist selbstredend auch emotional abzuholen. Glückt es, den Einkauf aufzurütteln, so strahlt er positiv aus, steigert die Offenheit und Akzeptanz bei den Partnern und das gesamte Unternehmen profitiert.
Zum Autor:
Dr. Stephan Hofstetter betreut als Partner bei Kloepfel Consulting Projekte zur Optimierung von Einkaufstrukturen und Beschaffungskosten in mittelständischen Unternehmen in der Region DACH. Herr Hofstetter verfügt über eine langjährige Erfahrung in der Beratung und in Führungspositionen im Einkauf sowie als Dozent in der Ausbildung angehender Einkaufsleiter-/innen. Promoviert hat er in Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen.
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