Zukunft von Beschaffung und Handel: Internationale Produktrecherche
Der Beschaffungsmarkt ist wie viele andere Bereiche auch durch die fortschreitende Digitalisierung, Globalisierung und der Entwicklung der Industrie 4.0 einem ständigen Wandel unterzogen. Welche Herausforderungen, aber auch welche Chancen ergeben sich für den Einkauf, für die HR-Abteilung, den Vertrieb und was bedeutet es für Qualität und Preise? Diesen Fragestellungen geht Kloepfel Consulting in Zusammenarbeit mit „Wer liefert was“, dem führenden B2B-Marktplatz, in einer Artikelserie auf den Grund und beleuchtet sie aus verschiedenen Blickwinkeln. Zum Start gibt Dr. Felix Menden, CTO bei „Wer liefert was“, einen Überblick, worum es in der Serie in den nächsten Ausgaben des Kloepfel Magazins gehen wird.„Zukunft von Beschaffung und Handel: Internationale Produktrecherche“
Die Beschaffungsfunktion in Unternehmen entwickelt sich mehr und mehr zu einer Querschnittsfunktion, die zunehmend auch die Grenzen des Unternehmens überschreitet. Sowohl die Digitalisierung wie auch die Globalisierung treiben eine Situation voran, in der sich der Einkäufer sowohl innerhalb des Unternehmens als auch mit internationalen Lieferanten enger vernetzen muss, um den Unternehmenserfolg zu sichern. In Zeiten voranschreitender Digitaltechnologie, können operative Einkaufsprozesse heute nahezu komplett digitalisiert werden, und der Einkäufer übernimmt als Prozess-Manager eine deutlich strategischere Funktion. Das spiegelt auch eine Befragung unter 930 Einkäufern auf wlw.de wieder, wie sich das Berufsbild des Einkäufers rückblickend verändert hat. So geben 42 Prozent der Befragten an, ihre Beschaffungstätigkeit sei deutlich strategischer geworden. Gleichzeitig sind 38 Prozent der Meinung, der Arbeitsbereich sei digitaler geworden. In Kontrast dazu zeigt die aktuelle Kloepfel Blitzumfrage unter 314 Fach- und Führungskräften, dass im deutschen Mittelstand noch über 75 Prozent der meisten Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe manuell, also nicht über E-Procurement beschafft werden. Das bedeutet, dass selbst für die Warengruppen, deren Prozesse sich am leichtesten automatisieren lassen, die Digitalisierung erst am Anfang steht.
Aus der fortschreitenden Digitalisierung werden sich sechs elementare Veränderungen ergeben: 1. Änderung der Rolle des Einkäufers, 2. neue Möglichkeiten des Vertriebs auf der Lieferantenseite, 3. das Zusammenbringen von Angebot und Nachfrage auf Marktplätzen, 4. die sich daraus ergebenden Effizienz- und Qualitätspotenziale, 5. die Notwendigkeit, mit digitalen Daten umgehen zu müssen und 6. internationale Beschaffungswege, die sich zu niedrigen Anlaufkosten eröffnen lassen.
Veränderung Nr.1 betrifft den Einkäufer selbst: 23 Prozent der Befragten geben an, dass der Unternehmensbereich Beschaffung aktiv an der Gestaltung digitaler Lösungen beziehungsweise bei der Entwicklung von Strategien für die Industrie 4.0 mitwirkt. 14 Prozent behaupten sogar, der Einkauf sei hier der wichtigste Treiber. Diese Anforderung, sowohl firmenintern als auch extern an der Gestaltung und Automatisierung der Supply-Chain mitzuwirken und diese letztlich zu konfigurieren, erhöht aber auch das Anforderungsprofil gegenüber der klassischen Einkaufsfunktion. Und zwar weg von der Rolle als Disponent, hin zu einer Rolle als strategischer Konfigurator von Prozessen, Lieferanten, Preis und Qualität. Deshalb sind die Personalabteilungen in der Pflicht, dafür die notwendigen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen zu schaffen. Datenabgleiche und „digital literacy“, also digitale Kompetenz, sind gefordert und führen zu einer gestiegenen Bedeutung der Rolle des Einkäufers. Denn überall, wo mehr automatisiert wird, bleibt Zeit für die tatsächlich strategischen Aufgaben des Einkaufs. Da die Digitalisierung darüber hinaus eine flexiblere und ortsunabhängige Arbeitsausführung ermöglicht, können hochqualifizierte Fachkräfte integriert werden, wie zum Beispiel Mütter und Väter durch die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Der zweite Umbruch betrifft den Einkäufer indirekt. Denn der Vertrieb, als Gegenstück zum Einkauf, wird ebenfalls Online-Möglichkeiten und Kontaktpunkte auf Plattformen nutzen und im Rahmen eines integrierten Marketings, Einkäufer zielgenau ansprechen. Werfen die Befragten der wlw-Umfrage einen Blick in die Zukunft, gehen 28 Prozent davon aus, dass der persönliche Kontakt zu Lieferanten durch die Digitalisierung abnehmen wird. Schließlich können operative Einkaufsprozesse heute nahezu komplett mithilfe neuer Technologien und E-Lösungen abgewickelt werden. Dadurch sieht sich der Einkäufer mit dem Phänomen der „reversen Recherche“ konfrontiert. Er muss also geschult sein, potenzielle Lieferanten über diese Kanäle zu bewerten und gegebenenfalls in den Prozess mit einzubeziehen. Auf der anderen Seite glauben mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent), dass gerade strategische Partnerschaften mit Lieferanten an Bedeutung gewinnen werden. Eine Weiterbildung und Aufbau digitaler Kompetenz, die mehr Luft für strategische Arbeit lässt, ist daher unerlässlich.
Daraus folgt der dritte Umbruchfaktor: Lieferanten und Einkäufer werden sich auf Online-Marktplätzen finden, chatten, Nachrichten und Dokumente austauschen und Geschäfte anbahnen. Der Match findet dabei primär über das Sortiment statt, sekundär sowie tertiär über Qualität und Preis. Produktgetriebene Marktplätze und Suchmaschinen gewinnen mehr und mehr an Bedeutung und sind, wegen der sich dort aufbauenden Nachfrage, zukünftig besonders wichtig. Sparen sie doch durch die Möglichkeit einer zielgerichteten Suche sowie geringen Streuverlusten in ihren Ergebnissen Zeit. Darüber hinaus sorgen sie mit einem breiten Angebot für mehr Transparenz und damit für bessere Preise bei steigender Produktqualität.
Die neue Transparenz unter den Lieferanten führt zum Faktor vier: Für den Einkäufer ergeben sich neue Effizienz- und Qualitätspotenziale. Dies ist umso mehr der Fall, je spezifischer und fachgenauer die Sortimentsinformationen im Marktplatz beziehungsweise der Suchmaschine hinterlegt sind. Für den Anbieter heißt das, je höher der Detailgrad der hinterlegten Produktinformationen ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, das Interesse der Einkäufer gewinnen und echte Leads generieren zu können. Hier tut sich aktuell noch eine Digitalisierungshürde für den deutschen Mittelstand auf, die aber bald fallen muss und fallen wird: Die fachgenaue elektronische Anlage des angebotenen Sortimentes durch den Lieferanten und somit der Match für die Beschaffungsanforderung der Einkäufer.
Dies führt unweigerlich zum fünften Faktor des Umbruchs: Beide Handelspartner müssen befähigt sein, mit Datenflüssen umzugehen. Hierbei kommt der Digitalisierung des Sortimentes, der richtigen Taxonomie und Datenqualität eine Schlüsselrolle zu. Denn wenn Produktdaten erst einmal in ausreichender Qualität vorliegen, sinken die Schwellen und Recherchezeiten im Einkaufsprozess rapide. Dabei gerät der Lieferant auch zunehmend in die Pflicht, sein Angebot und seine Preise aktuell zu halten, während der Einkäufer seine angestoßenen RFI/RFQ zügig bedienen muss, um keine schlechten Bewertungen zu bekommen. Dies ist insbesondere länderübergreifend wichtig, da zum Beispiel in den USA oder China kurze Antwortzeiten erwartet werden.
„China“ und „USA“ sind die passenden Stichworte für den letzten Veränderungsfaktor im Einkauf: die internationale Beschaffungsvernetzung über verschiedene Plattformen und verschiedene Länder hinweg. Die Digitalisierung tritt hier als großer Bruder der Globalisierung auf und senkt Kontaktbarrieren auf beiden Seiten und bietet Recherchemöglichkeiten, an die vor 20 Jahren noch nicht zu denken war. Entscheidend wird sein, wie es die Unternehmen des deutschen Mittelstands schaffen, die Möglichkeiten der Digitalisierung für sich selbst zu nutzen und dadurch die eigenen Märkte zu vergrößern.
Die hier nur in Kürze beschriebenen sechs Umbruchfaktoren werden in den nächsten Ausgaben des Kloepfel Magazins ausführlich beleuchtet. In der nächsten Ausgabe lesen Sie „Neue Chancen für hochqualifizierte (weibliche) Fachkräfte durch Industrie 4.0“.
Über „Wer liefert was?“
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Kategorien 47.000
Produkte Aktuell sind über 5 Millionen Produkte mit Bildern und Informationen online, wöchentlich kommen etwa24.000 Produkte hinzu
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