Autobranche für neun Prozent der CO2-Emissionen weltweit verantwortlich

Autor: Mario Schmidtgen
Datum: 10.09.2019

Studie von Greenpeace

Zahlen die erschüttern. Greenpeace hat vor Beginn der IAA in Frankfurt erschreckende Zahlen auf der Automobilindustrie vorgestellt. So sind etwa neun Prozent der weltweiten CO2-Emmissionen auf die Branche zurück zu führen. Die größte Rolle spielt dabei der Volkswagen-Konzern mit einem CO2-Ausstoß von rund 582 Millionen Tonnen. Das ist etwa so hoch wie der CO2-Ausstoß von Australien.

Greenpeace will mit der Veröffentlichung der Daten vor allem ein Umdenken in der Autoindustrie bewirken, schließlich habe die gesamte Branche in den letzten Jahren nichts für den Klimaschutz getan. „In der Werbung betonen sie, wie sehr sie sich um unser Wohlbefinden und unsere Sicherheit sorgen, speziell um das unserer Kinder. Ihre Geschäftsentscheidungen indessen erzählen eine komplett andere Geschichte“, heißt es in der Studie „Crashing the climate“. Der CO2-Ausstoß der zwölf größten Autokonzerne ist höher als die Emissionen der gesamten EU.

Das Bündnis „Aussteigen“, zu dem auch Greenpeace gehört, hat es sich zum Ziel gemacht, die IAA am Wochenende so stark es geht zu stören. Vor allem für den Sonntag sollen zahlreiche Aktionen geplant sein. „Wir werden mit unseren Körpern die Zugänge blockieren“, kündigte Tina Velo, die Sprecherin von „Sand im Getriebe“, am Vormittag in Frankfurt an. Man rechne mit mehreren hundert Teilnehmern. „Besucher, die den großen Wunsch haben, sich die Autos anzuschauen, sollten vielleicht einen anderen Tag auswählen.“

Zum ersten Mal in der Geschichte der IAA soll es zu solch starken Aufständen kommen. Für den Veranstalter der Messe ist die Situation daher auch ganz neu. Es macht sich beispielsweise die Sorge breit, dass durch die Proteste eventuell der gesamte Individualverkehr in Frage gestellt wird. Und diese Sorge ist nicht ganz unbegründet, immerhin fordern die Klimaschützer so etwa alles von der autofreien Stadt bis hin zur Teilentmachtung der Autoindustrie.

„Wir wollen eine radikale Verkehrswende von unten, mit deutlich weniger Autos. Dazu sind wir auch bereit, die Grenze des legalen Protests zu übertreten“, machte Velo deutlich. Eines steht jedoch fest: Die Proteste werden friedlich verlaufen, ohne Gewalt gegen Menschen, Gegenstände oder Autos. „Das ist nicht unsere Aktionsform“, so Velo.

Nicht weniger wirksam dürfte zudem die für Samstag angesetzte Fahrrad-Sternfahrt sein. „Angemeldet haben sich 10.000 Teilnehmer. Wie viele kommen werden, hängt aber auch vom Wetter ab“, sagt Uwe Hiksch von der Organisation Naturfreunde. Dabei werden Radfahrer über die Bundesstraßen sowie über die Autobahnen A661 und A648 nach Frankfurt fahren.

Doch egal wie der Protest am Ende aussieht, alle haben eins gemeinsam: Frust und Wut über die Autoindustrie und die Politik. „Wir haben eine hochgradig kriminelle Autoindustrie und völlig unfähige Verkehrsminister, ein mafiös gestricktes Konglomerat“, wettert Velo. Niemand glaubt daran, dass es freiwillig zu Änderungen kommen wird. „Die Autoindustrie versteht nichts von Verkehr und Mobilität“, sagt Ludger Koopmann vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub ADFC.

Aus eigener Sicht sieht sich die Autobranche nicht als Teil der Verkehrswende, weshalb Velo sich lange konsequent weigerte sich mit Branchenvertretern auszutauschen. Am Montag jedoch brach sie ihr Schweigen und diskutierte mit VW-Chef Herbert Diess. Noch vor drei Jahren habe VW die ganze Welt belogen und plötzlich starte das Unternehmen eine E-Offensive.

Es ist klar, dass sich wohl nicht jeder von den verbalen Attacken angesprochen werden fühlt, jedoch begibt sich die gesamte Autoindustrie derzeit in Gefahr. Die Aktivisten sind nämlich alles andere als chaotisch und unstrukturiert. Jeder Schritt wurde professionell bis ins kleinste Detail geplant. Beispielsweise habe man für die Sternenfahrt mithilfe von Informationstechnik genaustens berechnet, zu welchem Zeitpunkt die Fahrradgruppe an welchen Ort ist, damit dort neue Teilnehmer empfangen werden können. Zudem habe an die Demonstration gemeinsam mit der Polizei geplant, damit es zu keinen Problemen kommt. Die Behörden stehen also voll und ganz hinter dem Projekt. Schließlich hat die Demonstration nicht das Ziel, Autofahrer zu behindern. „Wir wollen zeigen: Auch uns gibt es als Verkehrsteilnehmer beim Hochamt der Autoindustrie.“

Auf den direkten Verbraucher zielen die Aktivisten jedoch nicht ab, auch wenn ihnen bewusst ist, dass es auch hier zu einer Verhaltensänderung kommen muss. Doch vor allem in ländlichen Gegenden seien die Menschen mehr als jemals zuvor auf ihr Auto angewiesen. „Ich bin die Letzte, die denen sagt: Du darfst nicht mehr Auto fahren. Was wir wollen, ist Wahlfreiheit für diese Verbraucher beim Thema Mobilität.“ An dieser Stelle müssten vor allem die öffentlichen Verkehrsmittel ausgebaut und modernisiert werden. Damit das ins Rollen kommt, ist es nun einmal wichtig, die Industrie und die Politik anzustupsen und nicht den Konsumenten.