Brexit stellte Lieferketten auf Belastungsprobe
Autor: Duran Sarikaya
Datum: 28.06.2016
Moderner Handel auf offene Grenzen angewiesen
Vergangenen Donnerstag wählte sich die britische Bevölkerung aus der Europäischen Union raus. Durch das negative Votum steigt bei Unternehmen nun die Unsicherheit, denn modernen Lieferketten sind auf offene Grenzen, freien Handel und verlässliche rechtliche und politische Rahmenbedingungen angewiesen. Diese fallen nun weg. Neben Unternehmen und ihren Lieferketten kann der Austritt auch für die EU zu unkalkulierbaren Folgen führen.
„Wir bedauern das Votum der britischen Bevölkerung für einen Austritt aus der EU. Damit hat sich Großbritannien gegen ein vereintes Europa mit flexiblen und freien Handelsströmen entschieden“, so Dr. Christoph Feldmann, Hauptgeschäftsführer des BME vergangene Woche. „Im Zeitalter von Just-In-Time-Produktion, der Globalisierung und dem neuen Trend zur Digitalisierung haben es unsere Unternehmen mit immer komplexeren, flexibleren und volatileren Lieferketten zu tun. Diese Sicherheit ist in einem geschwächten Wirtschaftsraum brüchiger geworden“, Feldmann weiter. Einen herben Rückschlag wird vor allem der Automobilbranche zugeordnet, die allein zwischen Großbritannien und Deutschland jedes Jahr Waren im Wert von 35 Milliarden Euro austauscht.
Laut Feldmann ist der Brexit ein Präzedenzfall und zieht unkalkulierbare Folgen nach sich. „Wir haben alle keine Erfahrung damit, wenn ein Mitgliedsstaat die EU verlässt. Diese Unklarheit ist Gift für jegliche unternehmerische Entscheidung“, sagt Feldmann. Neben Folgen für das Unternehmen befürchtet Feldmann, dass andere Nationen den Austritt Großbritanniens als Beispiel nehmen. „Im Gegensatz zu Weltmächten wie den USA oder China sowie anderen aufstrebenden Wirtschaftsräumen wie zum Beispiel ASEAN besteht unser Kontinent aus einer großen Anzahl von relativ kleinen Ländern“, sagte Feldmann.
Laut Einschätzung des Experten müssen sich Einkaufsverantwortliche nun auf eine lange Phase der Unklarheit einstellen, in der Großbritannien neue Handelsvereinbarungen mit der EU treffen muss. „Jede neue Barriere wird sich negativ auf die Planbarkeit und Verlässlichkeit der Supply-Chain-Strukturen auswirken“, erklärt Feldmann. Vor allem englische Unternehmen werde das Ende des Freihandels höhere Kosten bei der Beschaffung von Rohstoffen, Komponenten und anderen Einfuhren verursachen. Die nun beginnende Übergangsphase könne so manche bestehende Lieferbeziehung in Frage stellen. „Einkaufsverantwortliche werden sich deshalb an verschiedene mögliche Szenarien anpassen und Risiken in der Wertschöpfungskette neu bewerten müssen“, so Feldmann.
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