Logistik-Firmen überlastet
Autor: Ralf Schmitt
Datum: 23.06.2017
Paketzustellung wächst stärker als jedes andere Geschäft der Logistik
Pakete über Pakete. 2016 bekam jeder Haushalt im Durchschnitt 38 Sendungen per Paketsendung zugestellt. 2010 waren es noch 23 Pakete per Haushalt. Verteilt auf ganz Deutschland ist das eine Menge von etwa zehn Millionen Paketen, die jeden Tag ausgeliefert werden. Der Bundesverband Paket & Expresslogistik erwartet für 2017 einen Anstieg auf 41 Pakete pro Haustür.
Die Paketzustellung wächst stärker als jedes andere Geschäft in der Logistik. Und damit wachsen auch die Herausforderungen für die Paketdienste. Überfüllte und verstopfte Straßen in den Innenstädten erschweren ihnen die Lieferung und machen eine pünktliche Lieferung fast unmöglich. Um diese Problemen entgegen zu wirken gibt es verschiedene Ansätze. Einer davon setzt bei den Paketshops an: Es sollen „weiße Shops“ entstehen, bei dem nicht wie bislang nur Pakete eines Paketdienstes abgeholt werden können, sondern auch die der Konkurrenz. Bisher arbeiteten die führenden Zusteller DHL, Hermes, DPD, GLS und UPS stets für sich. „Es wird Lösungen geben müssen, die auch die Übergabestationen in den Paketläden betreffen“, sagte Klaus Esser, Autor der Marktstudie des BIEK.
Die Paketdienste haben sich das Ziel gesetzt, zukünftig die Zahl der Paketablieferungen an den Haustüren zu reduzieren und stattdessen mehr Pakete in den weißen Shops abzuliefern. Der Anteil der „Eigen-Logistik der Kunden“, also das Abholen in den Shops, soll größer werden. Eine andere Lösung sind Mikrodepots, in denen bis zu 2000 Pakete gelagert werden, welche dann von einem Fahrradkurier ausgeliefert werden? „Die Notwendigkeit ist vorhanden, dass wir einiges ändern müssen“, so Esser.
Hinzu kommt der Druck durch neue Geschäftsfelder und den immer größer werdenden Online-Handel. Die Paketdienst-Branche erwartet, vor allem bei den Bestellungen von Produkten des täglichen Bedarfs –Lebensmittel, Toilettenpapier, etc.- in den nächsten Jahren einen prozentualen Anstieg im zweistelligen Bereich. Eine Studie sagt für 2030 eine Zahl von einer Milliarde Paketen allein aus diesem Bereich voraus.
Bislang existieren noch keine intelligenten Lieferkonzepte, die ihre Bestellungen Bündeln. Jeder, egal ob Lebensmittelhändler, Kurierdienst oder Logistikfirma, betreibt momentan sein eigenes Liefermodell und sorgt für Verkehr und Chaos auf den deutschen Straßen. Im letzten Jahr ist der Markt für Kurier-, Express- und Paketsendungen um etwa sieben Prozent gewachsen. Im Vergleich zum Jahr 2000 entspricht das fast einer Verdoppelung.
2016 stieg der Branchenumsatz um sechs Prozent auf 18,5 Milliarden Euro an. In den nächsten Jahren wird mit einem ähnlichen Anstieg gerechnet. Hochgerechnet wären das im Jahre 2021 etwa vier Milliarden Pakete, welche von ca. 220.000 direkt und 231.000 indirekt Beschäftigten der Paketdienste bewältigt wird.
Doch durch die Schadstoffbelastung werden immer mehr Innenstädte für Dieselfahrzeuge gesperrt. Aber nicht alle Paketdienste haben ihre Fahrzeugflotten schon auf alternative Antriebsstoffe umgestellt. Als Verantwortlichen dafür sieht der Lobbyverband auch die Politik. „Wir sind gerne die Pioniere bei der E-Mobilität, wenn die Regierung dies auch fördert und ermöglicht“, sagte Florian Gerster.
Und auch von direkten Zuschüssen ist die Rede: „Der Staat sollte die Aufschläge bezahlen, die für den Wechsel von einem Dieselfahrzeug hin zu einem Elektrowagen notwendig sind“, so Gerster.
Ein weiteres Problem entsteht durch den internationalen Einkauf: Immer mehr Menschen kaufen auch grenzüberschreitend Waren im Internet. Dadurch steigen die Zahlen der Paketzustellungen aus dem Ausland derzeit um gut acht Prozent stärker an als das Gesamtgeschäft.
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