„Wirtschaftsweisen“ sagen für 2017 niedrigeres Wachstum voraus
Autor: Osman Cetinkaya
Datum: 02.11.2016
Außerdem Kritik an Bundesregierung wegen verpasster Reformen
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, oft kurz „Wirtschaftsweisen“ genannt, verlangt von der Großen Koalition weitere Reformen in Deutschland und unterstellt der Regierung Chancen verpasst zu haben. „Statt sich auf den Erfolgen früherer Reformen, wie der Agenda 2010, auszuruhen oder sie sogar zu verwässern, sollte die Politik notwendige Reformen entschlossen umsetzen“, meinen die Experten in dem heute publizierten jährlichen Gutachten, das an Kanzlerin Merkel überreicht wird.
Deutschland weise für die laufende Legislaturperiode eine enttäuschende Reformbilanz aus, da „die – nicht zuletzt auf der Reformpolitik der Vergangenheit beruhende – ökonomisch erfolgreiche Phase unzureichend genutzt [wurde], um die deutsche Volkswirtschaft auf die großen Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten“. Weiter heißt es in dem Bericht, der der DPA bereits vorab zur Verfügung steht, dass es jetzt Zeit sei für Reformen, die das Potenzialwachstum der deutschen Volkswirtschaft erhöhen, die Herausforderungen der Demografie, Globalisierung und Digitalisierung zu bewältigen helfen und die Stabilität und Leistungsfähigkeit Europas stärken.“
Für 2017 prognostizieren die „Wirtschaftsweisen“ einen Rückgang des Wachstums in der Bundesrepublik. Während dieses Jahr mit einem Zuwachs an ökonomischem Potenzial um 1,9 Prozent zu rechnen sei, soll das Wachstum im nächsten Jahr um 1,3 Prozent zunehmen. Als Grund für die Abnahme sehen die Experten hauptsächlich Kalendereffekte. „Die zugrunde liegende Wachstumsdynamik bleibt im Wesentlichen erhalten“, so weiter in dem Bericht.
Auch die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sehen die Wirtschaftsspezialisten kritisch. Zwar habe in der Euro-Zone die ungewöhnlich legere Geldpolitik der EZB maßgeblich zur Konsolidierung der Wirtschaft beigetragen. Die Dimension der Lockerung sei jedoch aufgrund der ökonomischen Genesung nicht mehr zeitgemäß. „Der Reformeifer ist erlahmt, und einige Mitgliedstaaten lassen die notwendige Haushaltsdisziplin vermissen“, kritisieren die Professoren. Wenn elementare Reformen ausblieben, könne das wirtschaftliche Potenzial der Europäischen Union nicht bleibend konserviert werden.
http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/nachrichten/konjunktur-2017-wachstum-soll-geringer-ausfallen-als-erwartet/14768060.html
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