Logistikfirma LDG trägt Mitschuld an Schlecker-Pleite

Autor: Mario Schmidtgen
Datum: 30.11.2017

Gutachten legt Missstände offen

Jetzt rücken auch die Vorgänge in der Logistikfirma LDG der Drogeriemarktkette Schlecker in den Vordergrund. Prof. Dr. Ulrich Müller-Steinfahrt, Logistikexperte an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt sieht es kritisch. Er gab an, dass die Stundensätze der Logistikfirma überdurchschnittlich hoch waren. Zudem gab es Geldverschiebungen durch Anton Schlecker, durch welche den Gläubigern ein Zugriff auf die Gelder verwehrt bleiben sollte.

Hintergrund: Am 27. November endete der Schlecker-Prozess mit einer Haftstrafe für die Kinder von Anton Schlecker. Er selbst kam mit einer Bewährungsstrafe davon. Sein Sohn und seine Tochter wurden wegen Bankrotts, Untreue und Insolvenzverschleppung angeklagt, laut dem Landesgericht Stuttgart sollen beide jedoch Revision gegen das Urteil eingelegt haben. Der Bundesgerichtshof soll jetzt über den weiteren Verlauf entscheiden.

Entscheidend wird in dem Prozess zudem die Rolle der Logistik-Tochterfirma LDG sein. Insgesamt kam die Staatsanwaltschaft hier auf einen Schaden in Höhe von 16 Millionen Euro, für welchen Schlecker verantwortlich sein soll. Etwa 75% der Verluste sollen dabei durch überhöhte Stundensätze in der Logistik entstanden sein. Die restlichen 25 Prozent soll Anton Schlecker vorsätzlich verschoben haben. Zudem wird Lars und Meike Schlecker vorgeworfen, kurz vor der Pleite noch etwa sieben Millionen Euro Gewinn der LDG an sich selbst ausgezahlt zu haben und das alles obwohl das Unternehmen angeblich keine Gewinne erzielt haben soll.

Im laufenden Prozess hat Logistikexperte Prof. Dr. Dirk Lohre die Abläufe der LDG genauestens analysiert und ein Gutachten darüber erstellt. Das Gutachten legt offen, dass über Jahre eine Menge Geld von Schlecker an die LDG überwiesen wurde. Der marktübliche Stundensatz liegt bei 17,30 Euro bis 18,90 Euro: Bei Schlecker waren es zwischen 28,50 und 30 Euro. Die Forschungen ergaben, dass Schlecker in den drei Jahren vor der Insolvenz, nur durch die Einstellung eines anderen Logistik-Dienstleisters, zwischen 33,5 und 38,7 Millionen Euro hätte einsparen können. Damit lag die Umsatzrendite der LDG bei circa 40 Prozent – zehnmal so viel wie in der Logistik üblich.

Müller Steinfahrt gab an, dass es in großen Konzernen ganz normal ist Logistikaktivitäten auf eine Tochterfirma zu übertragen. „Damit sehen die Unternehmen genauer, wie wirtschaftlich und effizient die Logistik ist.“ Zudem bringe diese Vorgehensweise auch steuerliche Vorteile mit sich. Im Falle Schlecker kommen hingegen Unstimmigkeiten auf. So habe die Logistik-Tochterfirma ausschließlich einen Kunden gehabt – Schlecker. Zudem sieht der Logistikfachmann es als unstimmig an, dass Anton Schlecker bis zuletzt als „eingetragener Kaufmann“ an der Spitze Schleckers stand. Das verpflichtet ihn im Notfall mit seinem gesamten Vermögen für alle Diskrepanzen gerade zu stehen. In Kleinunternehmen sei diese Rechtsform gängig, für Großunternehmen jedoch völlig ungeeignet. „Anton Schlecker hat aber wohl nicht alle Konsequenzen bedacht, die diese Rechtsform mit sich bringt“, betonte Müller-Steinfahrt.