Einmaliges Urteil gegen VW in Augsburg erreicht

Autor: Duran Sarikaya
Datum: 27.11.2018

VW muss Käufer vollständigen Kaufpreis zurückzahlen

Ein VW-Kunde hat vor dem Augsburger Landgericht deutschlandweit ein einmaliges Urteil erreicht: VW soll ihm den gesamten Kaufpreis ohne Abzug zurückzahlen. Kläger Wolfgang Vogel sei nach eigener Aussage über vier Jahrzehnte lang Kunde des Autobauers gewesen. Zuletzt erwarb er ein Fahrzeug von VW Mitte 2012, welches ebenfalls von der Betrugssoftware für Diesel betroffen war. Daraufhin reichte er beim Landgericht Augsburg Klage gegen VW ein – und hat nun gewonnen.

Es ist das erste Mal, dass der Konzern dazu verurteilt wurde, einem Autokäufer den vollen Kaufpreis zurückzuzahlen. Der Kläger kann sein Fahrzeug an den Autobauer zurückgeben und erhält im Gegenzug dafür den Kaufpreis 29.907,66 Euro plus Zinsen zurück.

Laut Vogels Rechtsanwalt Markus Klamert sei das Urteil in ganz Deutschland ein Novum. Bisher wurde bei den Urteilen stets eine sogenannte Nutzungsentschädigung vom Kaufpreis abgezogen, auch wenn das Urteil zugunsten der Käufer ausfiel. Die Nutzungsentschädigung wird abhängig von der Zahl der gefahrenen Kilometer ermittelt. Dadurch kann schnell eine höhere vierstellige Summe erreicht werden, welche von dem Schadensersatz des Käufers abgezogen wird.

Gericht beschuldigt VW zur sittenwidrigen Handlung

Laut Augsburger Richter Rudolf Weigell sei kein Anlass für einen solchen Abzug zulasten des Kunden gegeben. Er begründete sein Urteil damit, dass VW sich sittenwidrig verhalten habe, da eine Software installiert worden sei, welche die Manipulation von Abgasgrenzwerten zur Folge hat. Daher habe der Konzern das Ziel gehabt, die Kunden zu täuschen und so Umsatz und Gewinn zu erzielen. Dies zitiert die Augsburger Allgemeine aus dem Urteil.

Neben Vogel vertreten der Münchener Anwalt und seine Kollegen mehrere tausend Kläger, deren Fahrzeuge vom Dieselskandal betroffen sind. Durch das Urteil in Augsburg habe die Kanzlei erstmalig ihre in hunderten Verfahren geäußerte Meinung durchsetzen können: Derjenige, der täuscht und betrügt, dürfe daraus keinen Vorteil ziehen. Jedoch kann Volkswagen Berufung gegen das Urteil einlegen, so Christoph Kern, Sprecher des Landgerichts. Dann gehe der Fall an das Oberlandesgericht.

Klagewelle in Deutschland

In Deutschland entstand aufgrund der Diesel-Affäre eine Klagewelle. Die meisten Klagen gehen gegen VW, einige aber auch gegen Audi oder Skoda. Viele Kläger wollen eine Rückabwicklung ihres Kaufvertrags erreichen. Auch in den Fahrzeugen der VW-Tochtermarken wurde die Betrugssoftware in die Diesel-Fahrzeuge eingebaut. Durch die Manipulationstechnik wurde im Prüfstand ein besserer Abgaswert, als tatsächlich vorhanden, angegeben.

In dem Augsburger Prozess war VW weiter der Meinung, seine Kunden nicht betrogen zu haben, da es keine „Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit“ gebe. Durch die neue Software sei der beanstandete Mangel behoben worden.

Gerichte entscheiden unterschiedlich

Die Urteile fallen von Gericht zu Gericht unterschiedlich aus. Zahlreiche Klagen wurden bereits abgewiesen. Jedoch wird das Urteil in den meisten Fällen zugunsten der Kläger fallen. Dies zeigte sich in einer Übersicht des Automobilklubs ADAC. Der Verband hat alle bekannt gewordenen Gerichtsentscheidungen zum VW-Skandal zusammengefasst: Bis September wurden in 729 der gelisteten 1.101 Gerichtsverfahren zum Vorteil des Kunden entschieden.

Nun hat auch der ADAC gemeinsam mit dem Bundesverband der Verbraucherzentralen eine Musterklage gegen VW eingereicht. Durch die Gesetzesänderung Anfang November wurde dies ermöglicht. Betroffene Kunden können sich somit beim Bundesamt für Justiz bei einem Klageregister anmelden.