Chemische Industrie: Geschäftsklima deutlich gesunken

Autor: Thomas Wandler
Datum: 12.08.2022

Tiefstand der Geschäftserwartungen

Die chemische Industrie in Deutschland erlebte in den letzten zwölf Monaten einen erheblichen Rückgang des Geschäftsklimas. Im Juli 2022 kam es zu einem Tiefstand der Geschäftserwartungen von minus 44,4 Punkten. Ein Jahr zuvor lagen sie noch bei plus 11,8 Punkten. Dies geht aus Umfragen des Ifo-Instituts hervor.

Die bereits unsichere Lage in der Branche werde durch den Krieg in der Ukraine noch weiter verstärkt. Wie Ifo-Branchenexpertin Anna Wolf berichtet, habe Erdgas einen Anteil von 44 Prozent des Energieverbrauchs in der Chemischen Industrie. Auch in der Produktherstellung sei Erdgas von großer Wichtigkeit. Für die Herstellung von etwa 30 Prozent aller Chemieprodukte sei Erdgas unverzichtbar.

Lieferengpässe voraussichtlich noch bis Mitte 2023

Das Ifo-Institut berichtet weiter, dass Deutschland etwa die Hälfte seiner Gasimporte aus Russland bezieht. Den Umfragen zufolge sind über die Hälfte der Unternehmen in der chemischen Industrie von Materialmangel betroffen. Die befragten Firmen gehen zudem davon aus, dass die Lieferengpässe noch bis in das erste Halbjahr 2023 anhalten werden.

Auch die Einfuhrpreise für chemische Vorprodukte erhöhten sich deutlich. Wolf berichtet, dass die Einfuhrpreise für anorganische Grundstoffe sowie Chemikalien schon im Mai dieses Jahres gegenüber zum Vorjahr um etwa 65 Prozent höher waren. „Für Düngemittel und Stickstoffverbindungen stiegen sie im Mai 2022 sogar um rund 170 Prozent“, teilt Wolf weiter mit.

Laut Wolf würde sich der Außenhandel mit Russland in naher Zukunft nicht ändern. Den Ifo-Umfragen zufolge exportieren 40 Prozent der Unternehmen in der chemischen Industrie nicht länger nach Russland. Weitere 29 Prozent geben an, dass eine Fortsetzung der Exportbeziehungen unwahrscheinlich sei.