Prognose zur Stahlentwicklung
Autor: Ralf Windmüller
Datum: 16.02.2016
Deutsche Stahlindustrie leidet unter Billigstahl aus China
Experten prognostizieren für die kommenden Jahre einen geringeren Zuwachs, als zu nächst angenommen. Nach neusten Berechnungen der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC gibt es nur einen leichten Anstieg im Stahlverbrauch. Innerhalb der kommenden neun Jahre werden jährlich lediglich 2,9% im Durchschnitt erwartet. Damit weicht die Prognose um fünf Prozent vom erwarteten Volumen nach unten ab. Dies hat einen verschärften Wettkampf innerhalb der globalen Stahlindustrie zur Folge. „Das reduzierte Wirtschaftswachstum in China und die anhaltende Konjunkturschwäche in Russland wirken sich unmittelbar auf die globalen Stahlmärkte aus und setzen die Branche weiter unter Druck“, erklärt Dr. Nils Naujok, Partner bei der Strategieberatung Strategy&, Teil des PwC-Netzwerks.
Die aktuelle PwC-Stahlmarktprognose besagt, dass sich die Nachfrage am chinesischen Markt unterhalb des globalen Verbrauches befinden wird (2,5%). Trotz alledem bleibt China immer noch der größte Abnehmer innerhalb der Stahlbranche. „Ob durch strukturelle Überkapazitäten in der Produktion, einen schier unstillbaren Hunger nach Rohstoffen oder eine weniger strenge Regulierung – Chinas Einfluss auf die Stahlbranche wird auch in den nächsten Jahren deutlich spürbar bleiben“, äußert sich Naujok.
Die Nachfrage auf dem europäischen Markt hingegen entspannt sich ein wenig, nicht destotrotz bleibt der Zuwachs unterhalb des weltweiten Durchschnittes. Der Studie zu Folge werden rund 180 Millionen Tonnen hervorgesagt. Dies würde einen deutlichen Anstieg (11%) gegenüber zum Vorjahr bedeuten. Hierbei bleibt Deutschland weiterhin als Stabilisationsanker innerhalb der Branche. Dies ist einerseits mit der stabilen Konjunktur und ebenfalls mit der positiven Entwicklung in wichtigen Abnehmerbranchen zu erklären.
Deutsche Stahlhersteller profitieren hierbei von ihren eingespielten Lieferketten, ihren breitgefächerten Kontakten im Bereich der Forschung und Entwicklungen und natürlich ihrer Innovationskraft. Dem zu Folge stammen rund ein Drittel der 4.300 angemeldeten Stahl-Patente für das Jahr 2014 aus Deutschland. „Derzeit sind viele Entwicklungen im Stahlsektor noch stark produktbezogen und konzentrieren sich auf Bereiche wie Materialeigenschaften oder Anwendungstechnologien. Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung müssen Stahlunternehmen künftig aber die Innovationspotenziale in der gesamten Kundenwertschöpfungskette in den Blick nehmen, etwa indem sie ihre Prozesse und Services weiter optimieren oder ihre Kunden stärker in ihre Entwicklungstätigkeit einbinden. Eine erfolgreiche horizontale Integration wird zu einem immer wichtigeren Erfolgsfaktor im globalen Wettbewerb“, mahnt der Stahlexperte Dr. Naujok.
Um das schwache Wachstum und das extreme Preisdumping seitens der chinesischen Stahlindustrie zu verhindern, trafen sich am Montag rund 5.000 Arbeitgeber und –nehmer Seite an Seite in Brüssel zum Protest. Ziel des Protestes ist es, die EU-Kommission vor den Billigimporten aus China zu warnen. Die Düsseldorfer Wirtschaftsvereinigung Stahl schätzt rund zwölf Millionen Tonnen des chinesischen Stahles zu Dumpingpreisen innerhalb des europäischen Stahlmarktes. Nicht nur der Ärger der Niedrigpreise strahlt eine Gefahr für die Stahlindustrie aus. Viel mehr bereitet die Änderung der Klimaschutzpläne, die eine Verschärfung des Emissionshandels nach sich ziehen würde, der Industrie Sorgen. Diesbezüglich befürchtet Stahlpräsident Hans Jürgen Kerkhoff, „(…) drohen der Stahlindustrie in Deutschland zwischen 2021 und 2030 Belastungen in Höhe von zehn Milliarden Euro“.
Ebenfalls findet die Stahlindustrie Zuspruch aus der Reihe der Politik. So äußert sich NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) gegenüber dem Emissionshandel: „Durch die Reform des Emissionshandels darf der Wettbewerb keinesfalls zu Lasten der europäischen Industrie verzerrt werden.“ Daher fordert er eine grundlegende Überarbeitung des Entwurfes, um so Europas größten Stahlstandort, Duisburg (NRW), nicht zu gefährden.
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