Wirtschaftslockdown beeinträchtigt nicht nur das Virus

Autor: Marcus Schilling
Datum: 09.03.2021

Produktionsstillstand, Grenzschließung und Reduzierung des Personennahverkehrs

Wegen der mutierten Version des Corona-Virus machen sich nun diverse Unternehmen sorgen, dass ein erneuter Wirtschaftslockdown zur Eindämmung ausgesprochen wird. Wirtschaftsforscher warnen jedoch vor dieser Maßnahme und weisen auf den ersten Shutdown hin. Dabei steht Linkenpolitiker Ramelow dafür Unternehmen, die nicht lebensnotwendig sind oder systemisch nicht abgestellt werden können, stillzulegen. Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erwägt einen Produktionsstopp in Industrieunternehmen, sofern der Shutdown keinen Erfolg zeigt. Die Wirtschaft wurde bereits in Spanien und Italien für ein paar Wochen stillgelegt.

Lieferketten werden instabil

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher erklärt: „Eine Zwangsschließung von Unternehmen würde nicht nur die unmittelbar betroffenen Unternehmen hart treffen, sondern könnte die Lieferketten unterbrechen und damit erhebliche Kosten für die gesamte Wirtschaft verursachen“. Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) fügt hinzu: „Würde man in einem großen Stil die Produktion lahmlegen, hätte das gravierende Folgen für die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr.“

Wenn eine weitgehende Schließung der Unternehmen ausgesprochen werden würde, wird dies nach Sebastian Dullien, dem Wissenschaftlichen Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) schwere Folgen in der Zukunft haben. Dullien erklärt: „Die Gefahr von Pleiten und Entlassungswellen wäre dann deutlich größer als im Frühjahr“. Im ersten Halbjahr 2020 war der Wirtschaftseinbruch zu zwei Drittel durch Produktionsrückgänge verschuldet – ergaben die Berechnungen des IMK. Ifo-Präsident Clemens Fuest appelliert: „Die Industrieproduktion darf nicht kippen. Die Wertschöpfung hier ist besonders hoch.“

Produktionsprozesse erfolgen durch ganz Europa

Da sämtliche Produktionsprozesse innerhalb Europas aufeinander aufbauen, sind so gut wie alle Forscher gegen eine erneute innereuropäische Grenzschließung wie im März 2020. Sofern die Grenzen erneut geschlossen werden, „würde eine Einschränkung des Güterverkehrs für viele Unternehmen einer Betriebsstilllegung gleichkommen“, erklärt RWI-Konjunkturexperte Schmidt. „Die Aufrechterhaltung der Lieferketten ist wichtig“, argumentiert DIW-Chef Fratzscher, „damit auch die Grundbedürfnisse bei der Gesundheit, bei der Grundversorgung mit Lebensmitteln und anderen Dingen des täglichen Lebens nach wie vor gewährleistet sind.“

Auch die Erwägung zur Reduzierung des Personennahverkehrs würde laut Forschern die Wirtschaft beeinträchtigen. IMK-Direktor Dullien appelliert: „Pfleger, Ärzte ebenso wie Beschäftigte im Supermarkt oder in der Lebensmittelproduktion und in anderen Versorgungsberufen kommen oft mit dem öffentlichen Personenverkehr zur Arbeit und könnten ohne diese Option ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen“.