Ad-hoc-Lieferketten in der Corona-Krise als Vorbild

Autor: Marcus Schilling
Datum: 09.07.2020

Studie der Kühne Logistics University

Die Kühne Logistics University hat sich in einer großen Studie mit der schnellen Anpassung der Lieferketten von Schutzausrüstung während der Corona-Krise befasst. Dafür wurden Interviews mit leitenden Angestellten von rund vierzig Unternehmen geführt. Die Studie wurde vor dem Hintergrund entwickelt, dass während der Corona-Pandemie etablierte globale Lieferketten für medizinische Schutzausrüstung den steigenden Bedarf in Deutschland nicht bedienen konnten. Durch diesen Mangel entschieden sich viele Firmen für die lokale Herstellung von Masken oder Desinfektionsmitteln und bauten sehr schnell eine entsprechende Produktion auf.

Zu der Ausgangslage der Forschung sagt Prof. Dr. Kai Hoberg, mitverantwortlich für Konzeption und Durchführung der Studie: „Mit bisher unvorstellbarer Geschwindigkeit und Agilität gelang es Textilherstellern, Chemieunternehmen und Automobilzulieferern, neue Lieferketten aus dem Boden zu stampfen. Sie sicherten sich in Rekordzeit Rohmaterialien, identifizierten neue Partner und passten ihre Produktionsprozesse an – und dies alles unter den herausfordernden Bedingungen im Corona-Lockdown.“

Die Forschungsfragen der Studie sind folgende: Was motivierte die Unternehmen zum Aufbau solcher Ad-hoc-Lieferketten? Wo lagen Herausforderungen und was unterstützte sie? Außerdem erklärt Hoberg, dass die Forscher wissen wollten, wie die Umstellung innerhalb von Wochen gelang.

Die geführten Interviews verdeutlichen, dass die Motivation der Firmen einerseits von sozialer Verantwortung und andererseits von massivem Druck geprägt war. Dieser Druck entstand aus der Schwierigkeit, finanzielle Verluste im Kerngeschäft auszugleichen und Mitarbeiter zu halten.

Große Herausforderungen

Besonders Materialengpässe, z. B. Filtervlies, Nasenclips für Masken sowie Flaschen für Desinfektionsmittel, und die Unsicherheit bezüglich des Verlaufs der Krise waren Herausforderungen für die Unternehmen. Ebenso gab es teilweise Schwierigkeiten für die Mitarbeiter wegen geänderter Teamroutinen. Denn einige Arbeitnehmer hatten Probleme, außerhalb der gewohnten Prozesse zu arbeiten.

Kreative Lösungen

Die Lösungen der Unternehmen waren geprägt von Pragmatismus und Kreativität. Beispielsweise produzierten einige Textilunternehmen einfach Mund-Nasen-Masken aus den vorhandenen Stoffen. In ihrer Pressemitteilung spricht die Kühne Logistics University auch an, dass der regionale Fokus für Beschaffung und Kooperation aufgrund geschlossener Grenzen neu war. Ebenso verweist sie auf die auffällig gewordene Bedeutung der direkten Kommunikation hin. So seien beispielsweise in den Unternehmen die Kernteams zum Teil rund um die Uhr miteinander im Austausch gewesen.

Die Interviewreihe will die Kühne Logistics University im Herbst fortsetzen. Dann soll mit einem gewissen Abstand zur frühen Phase der Corona-Krise gezeigt werden, wie sich das neue Geschäft entwickelt hat und was die Firmen für die Zukunft gelernt haben.