Deutschland laut Bundesregierung globaler Vorreiter bei Industrie 4.0

Autor: Sebastian Thelen
Datum: 27.04.2017

Diskussion über die digitale Industrie auf der Hannover Messe

Matthias Machnig, Staatssekretär vom Bundeswirtschaftsministerium, betonte bei der Vorlage einer Zwischenbilanz zur 2015 gegründeten Plattform Industrie 4.0, dass Deutschland, mit den Ländern Südkorea und Japan, in Sachen Digitalisierung weit vorne ist. „Deutschland ist zu einem Leitmarkt und einem Leitanbieter für Technologie im Bereich Industrie 4.0 geworden – und alle Debatten darüber, dass wir die erste Halbzeit der Digitalisierung verloren hätten, gehen an der Realität vorbei“, so Machnig. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, muss nach Machnigs Einschätzung das Thema rund um die Digitalisierung deutlich vertieft werden. Denn laut Machnig wird derjenige der sich nicht digitalisiert, künftig nicht mehr am Markt sein. Man müsse Unternehmen komplett neu erfinden.

Starke Worte – mit seiner optimistischen Einschätzung geht Machnig aber teilweise an der Realität vorbei. Auch in Deutschland gibt es in der Digitalisierung Mängel, die nicht ignoriert werden dürfen, wenn Deutschland seine wirtschaftliche Position weiter ausbauen will. Allem voran führt der Fachkräftemängel noch immer dazu, dass Digitalisierung in Deutschland ausgebremst wird – Wir haben nichts davon, auf dem Papier weit vorn zu sein, wenn wir auf beiden Seiten Potential verschwenden. IT-Fachkräfte sind davon besonders betroffen, aber auch bei der Digitalisierung selbst hat Deutschland Probleme. Dabei geht es nicht um die Umsetzung neuer technischer Prozesse und Ideen, sondern um die Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen. Hier hinkt Deutschland auf internationaler Ebene weit zurück und muss seine Bereitschaft und sein Wissen über Digitalisierung und neue Prozesse auch auf neue Geschäftsmodelle übertragen. Es muss ein Umdenken geben.

Durch den digitalen Wandel werden nicht nur traditionelle Produktionsmethoden verändert, sondern durchaus auch die bisherigen Managementstrukturen. Georg Schütte, Staatssekretär aus dem Bundesforschungsministerium, nimmt Stellung: „Das ist vielleicht die unbequeme Botschaft der Hannover Messe für das Management: Industrie 4.0 führt dazu, Management-Kontrolle abzugeben – auch an Mitarbeiter, die in einer viel größeren Eigenständigkeit und Flexibilität arbeiten müssen.“ Bei der Industrie 4.0 tritt der Organisationswandel neben dem hohen Bedarf an Zusatzqualifikationen hervor. „Sie zielt darauf ab, Produktion flexibel zu machen – und das heißt am Ende den Umbau aller Abläufe und aller Prozesse“, so Schütte. Laut der Gewerkschaft IG BCE muss es für eine Industrie 4.0 auch eine Mitbestimmung 4.0 vorhanden sein. Die Gewerkschaft IG BCE veranstaltet selbst eine eigene Digitalisierungskonferenz in Bad Münster bei Hannover. Sie stellt außerdem die Anforderung auf ein Recht auf Nichterreichbarkeit sowie klare Regel für mobiles Arbeiten für Arbeitnehmer.

Die weltweite wirtschaftliche und politische Verunsicherung sorgt gleichzeitig für Unruhe gerade bei den Zukunftserwartungen. Diese haben sich bei der deutschen Zulieferbranche eingetrübt, so die Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie. Das könnte auch im Zusammenhang mit protektionistischen Tendenzen wie etwa in den USA stehen. Im Jahre 2016 stiegen die Erlöse der Zulieferer um 0,2 Prozent auf etwa 223 Milliarden Euro an. Also ein gelungener Jahresstart. Jedoch glauben die Automobilrüster in diesem Jahr mit einer leichten rückläufigen Fertigung in Deutschland. Die Branche ist sehr abhängig von der Entwicklung ausländischer Märkte. Im Vorjahr stiegen die Exporte der Branche um etwa 1,3 Prozent und damit auf insgesamt 85,5 Milliarden Euro, so die Angaben der Zulieferindustrie.

Quelle: www.pirmasenser-zeitung.de