Unternehmen erwirtschaften 150 Milliarden US-Dollar durch Zwangsarbeit
Autor: Ralf Windmüller
Datum: 06.07.2016
Lange Arbeitstage und Niedriglohn für Angestellte
Die Organisation KnowTheChain untersucht in einer neuen Benchmark-Studie die Bemühungen von 20 IT-Herstellern, in wie fern Zwangsarbeiten in ihren Lieferketten verhindert werden. Das Ergebnis ist eindeutig. Weltweit arbeiten über 20 Millionen Menschen unter zwangs- oder sklavenähnlichen Konditionen und Unternehmen erwirtschaften dadurch einen illegalen Profit von rund 150 Milliarden US-Dollar jährlich. ICT-Industrie (Information and Communications Technology) ist dabei ein gefährdeter Sektor. Arbeiter in den Zulieferfirmen der Hersteller seien häufig Migranten, die besonders wehrlos seien.
Blickt man auf die individuellen Ergebnisse der Unternehmen, so schnitt HP Inc. mit 72 von möglichen 100 Punkten am besten ab. Die Top Fünf wird durch Apple, Intel, Cisco und Microsoft komplettiert. 18 der 20 Hersteller würden zwar gerne öffentlich zeigen, dass sie gegen Zwangsarbeit in ihren Lieferketten vorgehen, allerdings hätten nur wenige der Unternehmen institutionalisierte Prozesse, um dieses Engagement auch effizient umzusetzen. Die Schlusslichter der Untersuchung bilden die beiden Halbleiterhersteller SK Hynix (Südkorea) und BOE Technology (China), Canon sowie der japanische Anbieter von Automatisierungstechnik-Komponenten Keyence.
Insgesamt würden die untersuchten ICT-Unternehmen kaum sicherstellen, dass die Arbeiter in ihren Zulieferfirmen Gehör und Anerkennung erhalten. Dazu gehört etwa das Recht, Gewerkschaften zu gründen oder allgemein die Möglichkeit, Missstände und Beschwerden aufzuzeigen. Zudem sind die Löhne sehr tief und die Arbeitstage sehr lang.
Zusätzlich untersuchte die Benchmark-Studie das Recruitment und bewertete diesen Punkt ebenfalls negativ. Das größte Problem stellen hierbei Vermittlungsagenturen dar. Diese verlangen von den Arbeitern hohe Vermittlungsgebühren und ziehen teilweise deren Pässe ein, bis Schulden beglichen sind. Ein Großteil der untersuchten Unternehmen hätten keinen Prozess institutionalisiert, der das Risiko von Menschenhandel und Zwangsarbeit effizient anspricht. Allerdings zeigt KnowTheChain auch einige positive Beispiele. So bezahle Apple etwa die Vermittlungsgebühren für die Arbeiter. Auch HP Inc. stelle vertraglich sicher, dass Angestellte beim Lieferanten selbst und nicht bei einem Vermittler unter Vertrag genommen werden.
Es wurden aber auch Lichtblicke durch die Studie hervorgebracht. Das Kriterium Beschaffung wurde dahingegen von der Organisation als positiv bewertet, da die meisten Unternehmen ihre Materialbeschaffung prüfen würden. Dazu gehört etwa die Überprüfung, ob Mineralien aus Konfliktregionen verwendet werden.
Die vollständige Benchmark-Studie kann hier runtergeladen werden https://knowthechain.org/benchmarks/1/
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