Amazon will eigene Krankenversicherung gründen

Autor: Osman Cetinkaya
Datum: 07.03.2018

Langfristiges Ziel ist es allen US-Amerikanern eine bessere Gesundheitsversorgung zu bieten

Bereits seit Jahren hat die US-Wirtschaft mit steigenden Gesundheitskosten zu kämpfen. Nun wollen Amazon, die US-Bank JP Morgan Chase und Warren Buffetts Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway diese Entwicklung stoppen.

Die Unternehmen möchten für ihre Mitarbeiter eine eigene Krankenversicherung gründen, von der rund 1 Millionen Mitarbeiter profitieren werden. Langfristig ist es aber das Ziel, allen US-Amerikanern eine bessere Gesundheitsversorgung zu bieten.

Bei der Amazon Krankenversicherung handelt es sich um eine Non-Profit-Gesellschaft. Das bedeutet, dass das Gemeinschaftsunternehmen nicht gewinnorientiert handelt, sondern die Reduzierung der Kosten im Gesundheitssystem im Vordergrund steht.

Doch warum hat Amazon sich für diesen Schritt entschieden? Hierzu muss zuerst ein Blick auf das US-Gesundheitssystem geworfen werden. Eine Mehrheit der über 320 Millionen Amerikaner ist über ihren Arbeitgeber krankenversichert. Bereits seit 1965 gibt es die Programme Medicare und Medicaid, welche eine Mindestgesundheitsversorgung in den USA sichern.

Über 76 Millionen Amerikaner sind über das staatliche Versicherungsprogramm versichert. Dieses kommt im Krankheitsfall für Arztbesuche und Medikamentenkosten auf. 60 Millionen Amerikaner waren bisher allerdings noch gar nicht versichert. Seit dem 1. Oktober 2013 besteht durch den „Patient Protection and Affordable Care Act“ eine Pflichtversicherung für jeden Amerikaner.

Bekannt ist die Versicherung auch unter dem Namen Obamacare. Wer trotz Gesetz keine Krankenversicherung abschließt, muss mit einer Geldstrafe in Höhe von 325 US-$ oder 2% des Einkommens rechnen – abhängig davon, welcher Betrag höher ist.

Das Problem liegt darin, dass viele Menschen lieber eine Strafe in Kauf nehmen als Monat für Monat hohe Kosten an eine Krankenversicherung abzutreten. Und auch die Preise für Medikamente und Arztbesuche sind in den USA enorm hoch.

In Amerika ist ein Arztbesuch etwa drei Mal so teuer wie in Kanada und für Medikamente muss man circa 10 Mal mehr Geld hinlegen als in Ländern wie Deutschland oder England.

Die Pro-Kopf-Ausgaben der Amerikaner beliefen sich 2014 auf etwa 9.500 US-$, womit das amerikanische Gesundheitssystem einer der teuersten auf der Welt ist. Grund dafür sind Ineffizienzen im System.

Pharmafirmen können die Preise für Medikamente beliebig festlegen, da der Staat diese kaum reguliert. In Europa sieht die Lage ganz anders aus: Hier reguliert der Staat die Preise für Arzneimittel.

In der Gründung einer eigenen Krankenversicherung liegt für Amazon die Lösung zur Senkung der Kosten. Im Vordergrund stehen dabei Unternehmen wie AmerisourceBergen, Cardinal Health, McKesson und Owens & Minor. AmerisourceBergen soll dabei in der Lieferkette helfen, Hersteller mit Gesundheitsdienstleistern zusammenzubringen.

Das Vertriebsunternehmen steht zudem in der Kritik, Mitschuld an der Opiat-Krise zu haben, nachdem die Unternehmen die Schmerzmittel über Jahre hinweg extrem stark beworben haben. Im vergangenen Herbst kam es sogar soweit, dass US-Präsident Donald Trump den nationalen Notstand ausrief, weil es mehr Tote durch Opiate-Überdosen als durch Autounfälle und Schusswaffen gab.

Mit Amazon.com bekommt die US-Gesundheitsbranche einen großen Wettbewerber, der auf lange Sicht die Preise im US-Gesundheitssystem senken könnte.

Entscheidend ist an dieser Stelle allerdings, ob Amazon mithilfe neuer Technologien Mittelsmänner wie AmerisourceBergen & Co zu ersetzen. Doch auch wenn diese Disruption nicht gelingt, dürfte der Vorstoß von Amazon dabei helfen, Druck bei den Gesundheitsdienstleistern zu erzeugen und somit effizienter und innovativer zu werden.

Zudem hat Amazon schon mehrmals gezeigt, dass es dazu in der Lage ist einen Markt innerhalb weniger Jahre zu erobern. Dies geschah sowohl im Online-Handel, als auch auf dem Markt für Web Services und smarte Lautsprecher – die nächste Station ist nun offenbar der US-Gesundheitsmarkt.