Amazons Entwicklung in Deutschland

Autor: Ralf Schmitt
Datum: 25.09.2017

Traditionelle Einzelhändler kooperieren nun mit Amazon

Letztes Jahr fuhr Amazon 13 Milliarden Euro in der Bundesrepublik ein. Somit ist Deutschland der wichtigste Auslandsmarkt des US-amerikanischen Konzerns. Insgesamt beträgt der Anteil des Gesamtumsatzes, der in Deutschland erwirtschaftet wurde, mehr als zehn Prozent. Im Kerngeschäft nahm der Konzern rund 9,5 Milliarden Euro ein und löste damit Media-Saturn, die bisherige Nummer eins, von seinem ersten Platz ab.

Sogar auf den deutschen Lebensmittelmarkt hat sich der Internet-Gigant mit Amazon Fresh gewagt. Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein berechnet, dass bei einem 20-prozentigem Wachstum Amazons zusätzliches Handelsvolumen in 2017 sich auf mehr als vier Milliarden Euro beläuft. Dies ist dreimal so viel, wie Kaisers-Tengelmann zuletzt umgesetzt hat. „Fast ein Prozent des kompletten deutschen Einzelhandels wird sich zusätzlich zu Amazon verlagern“, so Heinemann. Trotzdem ist der Handelsexperte davon überzeugt, dass das Lebensmittelgeschäft für Amazon eine Nische bleibt: „In zwei Jahren sind vielleicht die Metropolen abgedeckt, doch ob Amazon überhaupt das ganze Land erreichen will, ist fraglich.“ Heinemann vermutet eher eine Übernahme, beispielsweise wie die Übernahme der US-Supermarktkette Whole Foods. „Whole Foods hat etwa die Umsatzgröße von Real. Aber Real ist aktuell sicher nicht erfolgreich genug aus Sicht von Amazon.“

Weiterhin führte Amazon in Deutschland eine umfangreiche Fashion-Kampagne ein und konkurriert somit mit dem erfolgreichen Händler Zalando. Heinemann sieht hingegen in Amazons kostenpflichtigem Premiumdienst Prime eine Hürde. „Das ist eine Einbahnstraße. Wer einmal dort ist, bleibt – den kriegen die anderen nicht zurück.“ Weiterhin ist Heinemann der Meinung, dass die Reaktion der deutschen Händler auf Amazon viel zu spät kam: „Wir werden nicht verhindern, dass eines Tages alle Kunden von Amazon sind.“

Auch eigene Abholstationen an Hochfrequenzlagen wurden bereits in vielen Städten angebracht. Über das Gerät „Echo“, kann auf Sprachkommando eingekauft werden. Amazon-Chef Jeff Bezos schätzt den Umsatzanteil des E-Commerce durch Voice-Bestellungen auf ein Drittel.

Bisher hielten sich die traditionellen Einzelhändler gegenüber Amazon geschlossen. Nun kooperieren Rossmann, Tegut, Basic, Butter Lindner sowie Media Markt im Zuge der eigenen Umsätze mit Amazon. „Ich glaube, dass wir uns noch wundern werden, wer am Ende alles auf den Marktplatz kommen wird. Amazon ist eine gut geölte und eingestellte Maschine, die ihren Weg weiter geht“, schätzt der Branchenbeobachter Heinemann.