Chinesische Marken immer wertvoller

Autor: Mario Schmidtgen
Datum: 30.05.2018

Bereits 14 Unternehmen unter den Top 100

Aktuell gehören die wertvollsten Marken der Welt zu Technologiefirmen. Zurzeit gilt die Suchmaschine Google als teuerste Marke überhaupt. Ihr Wert beläuft sich auf 302,1 Milliarden Dollar, 23 Prozent mehr als im Vorjahr.

Dies ist das Ergebnis des Markenrankings BrandZ, welches jährlich vom britischen Marktforschungsunternehmen Kantar Millward Brown festgelegt wird.
Es ist nur wenig überraschend, dass Marken wie Google, Apple und Amazon an der Spitze des Rankings stehen. Spannend sieht es allerdings auf den folgenden Plätzen aus: Viele chinesische Marken werden immer stärker. Bereits 14 von ihnen sind dieses Jahr Teil des Rankings.

2006 wurde BrandZ zum ersten Mal veröffentlicht. Damals war lediglich eine einzige chinesische Marke, China Mobile, in den Top 100 vertreten. Doch 2018 hat sich viel an der Situation getan: Früher als Land der Kopierer beschimpft, liegt China heute hinter den USA als zweistärkstes Markenland in der Rangliste. Die US-Marken haben nur rund 23 Prozent an Gesamtwert zugelegt, wohingegen die chinesischen Marken ein Plus von 47 Prozent verzeichnen.

Beispiel: Der Kurznachrichtendienst Tencent gehört mit einem Plus von 65 Prozent nun in die Top Ten. Dort belegt das Unternehmen mit einem Markenwert von 179 Milliarden Dollar den fünften Platz und liegt damit sogar noch vor Facebook.

Und auch die Marke mit der höchsten Wachstumsmarke kommt auch China. JD.com legt um ganze 94 Prozent zu, womit der Onlinehändler nun mit einem Markenwert von 20,9 Milliarden Dollar auf Platz 59 liegt.

Sogar die Ranking-Plätze zwei und drei werden von chinesischen Marken belegt: Platz zwei belegt der Onlinehändler Alibaba, dessen Wert um 92 Prozent gestiegen ist. Platz drei geht an den Spirituosenproduzenten Moutai mit einem Wachstum von 89 Prozent.

Der Vorteil der chinesischen Marken liegt darin, dass sie moderne Technologien konsequent einsetzen. Beispiel: mobiles Bezahlen – ein wichtiges Schlüsselthema, welches sowohl Tencent als auch Alibaba mit ihren Töchtern WeChat Pay und Alipay bedienen. Die Nutzerzahlen von Alipay liegen bei 520 Millionen, bei WeChat sind es rund eine Milliarde registrierte Nutzer.

Das amerikanische Konkurrenzunternehmen Paypal hat hingegen lediglich 227 Millionen aktive Nutzer. Die chinesischen Bezahlanbieter werden sogar von Rossmann und dem Münchener Flughafen akzeptiert.

Auch deutsche Händler wie Rossmann oder der Münchener Flughafen akzeptieren bereits die chinesischen Bezahlanbieter. Ein anderes Beispiel: smartes Shopping. In einem Vorzeigegeschäft von JD.com gibt es keine Kassierer mehr, stattdessen können die digitalen Systeme mithilfe von Gesichtserkennung, Bilderkennung, der Funkchiptechnologie RFID und künstlicher Intelligenz genau zuordnen, welcher Kunde welches Produkt in seinen Einkaufskorb legt.

„In der digitalen Transformation nimmt China eine Vorreiterrolle sein“, so Bernd Büchner, Geschäftsführer von Kantar Millward Brown in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im Vordergrund steht dabei allerdings nicht die starke Markenführung, sondern viel mehr die Größe eines Marktes, welche die Marken pushen.

Ein großartiges Jahr für Marken

Einmal pro Jahr wird BrandZ veröffentlicht und gilt als eine der renommiertesten Studien zu monetären Markenwerten. Berechnet werden die Werte der Marken aus einer Kombination der Finanzkennzahlen und der Befragung von über drei Millionen Konsumenten.

„Es ist ein großartiges Jahr für Marken“, resümiert Büchner. Die Top-100 konnte ihren Gesamtwert auf 4,4 Billionen Dollar steigern. „Konsumenten legen mehr Wert auf Marke“, meint Büchner.

Über die Hälfte des gesamten Markenwertes der Top-100-Liste stammt aus Tech-Unternehmen. Platz zwei der Gesamtwertung belegt Apple, der Markenwert des Unternehmens stieg um weitere 28 Prozent auf 300,6 Milliarden Dollar.
Amazon liegt mit 207,6 Milliarden Dollar auf Platz drei und verdrängt mit dem Plus von 49 Prozent Microsoft. Facebook erhöht seinen Markenwert um 25 Prozent auf 162,1 Milliarden Dollar.

„Das Erfolgsrezept starker Marken basiert auf einer Mischung aus Mut und Vertrauen in das jeweilige Geschäftsmodell sowie einer langfristig angelegten Markenstrategie. Marken, die Daten und moderne Technologien wie künstliche Intelligenz oder Augmented Reality klug einsetzen und ihre Marketingaktivitäten kreativ umsetzen, werden ihren Wert auch zukünftig ausbauen“, sagt Büchner.

Neue Hoffnung am Tech-Himmel bringen neuartige Technologien wie zum Beispiel künstliche Intelligenz. So präsentierte Google-Chef Sundar Pichai auf der Google-internen Entwicklerkonferenz im Mai einen Dialog zwischen einem Kunden und einem Frisör, in dem ein Termin festgelegt werden sollte. Eine sehr realistische Situation, bei der es sehr schwer war zu bestimmen, welcher der beiden Telefonteilnehmer eine Maschine und welcher ein Mensch war.
Pichai wollte damit beweisen, wie intelligent Googles künstliche Intelligenz tatsächlich ist.

„Marken müssen disruptiv sein“, so Markenexperte Büchner. Es muss regelmäßige Innovationen geben, Fehler müssen zugelassen werden, man darf nicht nur auf das Altbewährte vertrauen. Laut Büchner ist das einstige Marken-Mantra der „Selbstähnlichkeit“ längst überholt. Als Paradebeispiel wird hier Amazon angeführt, ein Unternehmen, das durchgehend an neuen Ideen arbeitet, dabei aber auch Fehler macht. „Eine solche Kultur würde ich mir auch in Deutschland wünschen“, sagt er.

Auch der deutsche Markensieger gehört der Tech-Welt an: Das Softwareunternehmen SAP hat seinen Markenwert um 23 Prozent gesteigert und liegt damit nun bei 55,4 Milliarden Dollar.

Insgesamt befinden sich acht deutsche Unternehmen in der Top 100. Letztes Jahr waren es nur sieben. Neu hinzugekommen ist der Sportartikelhersteller Adidas. Der Markenwert des Unternehmens stieg um 50 Prozent auf 12,5 Milliarden Dollar. Adidas ist damit das Unternehmen mit dem stärksten Wachstum aller deutschen Firmen.