Ölriese Total zieht sich von milliardenschweren Iran-Projekt zurück
Autor: Mario Schmidtgen
Datum: 18.05.2018
Projekt galt als größter Deal eines ausländischen Unternehmens mit der iranischen Regierung jemals
Als Reaktion auf das von Donald Trump, US-Präsident, bekannt gegebene Iran-Atomabkommen, beendete das französische Öl- und Gasunternehmen Total nun ein geplantes Milliardenprojekt im Iran. Das Unternehmen teilte diese Entscheidung am Mittwoch in einem Statement mit.
Den bislang größten Deal eines ausländischen Unternehmens mit der iranischen Regierung unterschrieb Total erst im vergangenen Jahr. Insgesamt hatte der französische Ölriese es sich vorgenommen in den nächsten Jahren rund 4,8 Milliarden Dollar in die Erweiterung des Gasfelds South Pars zu stecken.
Total-Chef Pouyanné soll schon lange vor Trumps Austritt bei der französischen Regierung darum gebeten haben, für den Fall neuer Sanktionen eine Ausnahmeregelung für das Projekt South Pars zu erhalten.
Das französische Unternehmen betonte in seinem Statement allerdings noch einmal, dass es sich nicht aus dem Iran zurückziehen werde, wenn es doch noch zu einer Ausnahmeregelung von Seiten der US-Regierung kommen sollte. Zu dem Thema stehen die französischen und US-amerikanischen Behörden in engem Kontakt zueinander.
Bislang soll Total bereits etwas weniger als 40 Millionen Euro in das Projekt investiert haben. Auch der chinesische Konzern CNPC ist an dem Projekt beteiligt.
Vor den Sanktionen hatte es sich Total zum Ziel gesetzt, sein Milliardengeschäft wieder zu seinem bedeutendsten Investor, dem Iran, zurück zu bringen. „Wir eröffnen ein neues Kapitel in der Geschichte der Partnerschaft beider Länder“, so Total-Chef Patrick Pouyanné im Sommer 2017 noch voller Hoffnung.
Erst am vergangenen Dienstag saßen die führenden Mitarbeiter des französischen Wirtschafts- und Außenministeriums mit etwa 60 großen französischen Unternehmen zusammen, um sich über das Thema auszutauschen. Ziel des Treffens war es, einen zügigen Rückzug aus dem Iran vorerst zu vermeiden. „Wir sagen den Unternehmen: Wartet die Prüfung der juristischen Bedingungen und möglicher Ausnahmen ab, trefft keine überstürzten Entscheidungen.“ Doch Total konnten die Minister damit wohl eher nicht überzeugen.
„Es ist immer klar gewesen, dass Total es sich nicht erlauben kann, sekundären amerikanischen Sanktionen ausgesetzt zu sein“, so das Unternehmen am Mittwoch.
Total spricht ganz offen darüber, dass die USA versuchen das Unternehmen in die Knie zu zwingen. Durch die Sanktionen würde es zu Verlusten der Dollar-Finanzierung durch amerikanische Banken kommen, welche zu 90 Prozent an den Geschäften des Pariser Konzerns beteiligt sind.
Total kann eigentlich auch den Verlust der amerikanischen Aktionäre nicht in Kauf nehmen, da diese immerhin mehr als 30 Prozent des Kapitals ausmachen.
Wie stark europäische Unternehmen wirklich von der Entscheidung des US-Präsidenten betroffen sind, wird an der Reaktion von Total ganz klar deutlich. Zwar steigt USA aus dem Atomabkommen aus, doch die Länder Frankreich, Großbritannien, Deutschland, China und Russland wollen weiterhin daran festhalten.
Jedoch hatten auch andere Ölmultis große Erwartungen an das neu belebte Iran-Geschäft. So hat beispielsweise der britische Ölriese Shell schon vor zwei Jahren die iranische Petrochemie-Industrie mit Technik beliefert, bislang allerdings noch nichts über die Zukunft seiner Geschäfte im Iran bekannt gegeben.
Nachdem im Atomstreit die Iran-Sanktionen verhängt wurden, stoppten alle internationalen Investitionen in die iranische Energiewirtschaft. Große Unternehmen wie BP, Total und viele andere zogen sich zurück und verursachten damit einen riesigen Investitionsstau.
Bijan Namdar Zanganeh, Ölminister des Irans, schätzte den Investitionsbedarf im Öl- und Gassektor auf etwa 200 Milliarden Dollar. In der Organisation der erdölexportierenden Länder ist der Iran der drittgrößte Produzent mit einer Fördermenge von rund 3,8 Millionen Barrel Öl am Tag.
Besonders die westlichen Unternehmen hatten dank des erfolgreichen Abschlusses des Iran-Atomabkommens wieder Hoffnung auf eine Wiederbelebung ihres Geschäftes im Iran.
Durch Sanktionen gegen Länder wie Venezuela, Iran oder Russland kam es in den letzten Jahren zu einigen Verschiebungen auf dem globalen Öl- und Gasmarkt, von denen besonders die USA profitierten. Es ist also gut möglich, dass Trump nicht nur ein politisches Interesse an den Sanktionen hat. „Die Aufkündigung des Abkommens spielt den Vereinigten Staaten natürlich in die Hände“, so Kirsten Westphal, Energieexpertin von der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP). Westphal ist sich sicher, dass die eingeschränkten Handelsmöglichkeiten für die Länder Venezuela, Russland und jetzt auch wieder für den Iran, sich positiv auf Amerikas Marktmacht im Öl- und Gasbereich auswirken könnten.
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