VW wagt Kooperation mit Start-up e.Go

Autor: Osman Cetinkaya
Datum: 06.03.2019

Gemeinsam sollen Entwicklungskosten gesenkt werden

Kein Thema dominiert den Genfer Autosalon momentan so stark wie die Elektromobilität. Allein die deutsche Autoindustrie hat den Plan rund 60 Milliarden Euro in die E-Mobilität, die Digitalisierung und das autonome Fahren zu stecken. Damit sollen unter anderem auch die Ziele der EU zur CO2-Reduktion erreicht werden.

Nachdem bereits BMW und Daimler sich mit einem Konkurrenten verbündet haben, um das Zukunftsthema in die Hand zu nehmen, geht jetzt auch VW diesen Weg. Diese Entscheidung zeigt, was für ein hoher Druck innerhalb der Automobilindustrie herrscht.

Aktuell ist VW auf der Suche nach einem Kooperationspartner, durch den der Konzern die Entwicklungskosten seiner Elektrofahrzeuge herunterschrauben kann. Volkswagen will dafür nun unter anderem auch seinen Elektrobaukasten für andere Unternehmen öffnen, damit die Stückzahl steigt und so die Kosten für jedes einzelne Auto sinken.

Auch wenn es erst einmal keine Kooperation mit einem großen Konzern wie Daimler oder BMW geben wird, so steht als erstes trotzdem eine Kooperation mit einem wachsenden direkten Konkurrenten an. Erster Partner soll nun das Start-up e.Go werden und so auch als erstes externes Unternehmen den Baukasten nutzen.

Wenig Auswahl in der Mittelklasse

e.Go ist ein Projekt des Aachener Professor Günther Schuh, welcher bereits mit seinem Elektrotransporter eScooter für Begeisterung gesorgt hatte. Schuh entschied sich damals dafür den Transporter gemeinsam mit der Universität zu entwickeln, da kein Autobauer dazu bereit war seine Idee zu unterstützen.

Mittlerweile ist das Geschäft in der Hand der Deutschen Post und will nun auch den Pkw-Markt erobern. Noch in dieser Woche soll die Produktion des ersten E-Kleinwagens, dem e.Go Life, starten. Dieser soll später dann etwa 16.000 Euro kosten und eine Strecke von etwa 100 Kilometern zurücklegen können.

Der Kleinstwagen soll jedoch kein Teil der Kooperation zwischen VW und e.Go werden. „Ich freue mich, dass wir mit e.Go den ersten Partner gefunden haben, der unseren Elektrifizierungsbaukasten als Basis für ein gemeinsam zu bestimmendes Fahrzeugprojekt nutzen wird“, sagte Diess. Volkswagen wird also mitbestimmen, welches Fahrzeug mit Hilfe des Elektrobaukastens entwickelt wird.

Das macht auch Sinn, immerhin weisen die Zielgruppen von Volkswagen und e.Go starke Ähnlichkeit auf. Für Autokäufer mit höherem Budget gibt es schon einige E-Modelle zur Auswahl, in der Mittelklasse und bei den Kleinwagen sieht das Angebot jedoch schlecht aus. Auch VW will einen eigenen Elektro-Mittelklassewagen auf dem Markt anbieten.

Paradigmenwechsel bei VW

Die Kooperation von VW und e.Go verdeutlicht, welch ein starker Druck aktuell in der Automobilindustrie herrscht. Mehrere Milliarden Euro werden durch die Elektromobilität und Geschäftsmodelle wie Carsharing verschlungen. Daher suchen sehr viele Hersteller momentan nach Möglichkeiten zur Kooperation, um so die Kosten in Zaum zu halten.

Für Volkswagen ist die Sache ganz einfach: Umso mehr Menschen die Bauteile von VW für ihre E-Autos nutzen, desto günstiger werden die einzelnen Komponenten. Erstmals wird zur Erreichung dieses Ziels die Macht der einzelnen Fahrzeugmarken nicht berücksichtigt. Bislang diente der „Modulare Querbaukasten“ vor allem intern dazu verschiedene Modelle der insgesamt 12 Konzernmarken zu schaffen. Etwa 100 Millionen Autos sind bislang auf dieser Basis produziert worden. Die Öffnung des Baukastens für externe Partner bezeichnet man bei VW als „Paradigmenwechsel“.

Diese Baukästen beinhalten standardisierte Teile, welche man im fertigen Auto nicht mehr erkennt und die nicht dazu dienen, den Autos einen eigenen Charakter zu verleihen. Dadurch kann der Konzern beim Lieferanten eine größere Menge einkaufen, wodurch der einzelne Stückpreis sinkt. „Dass wir Plattform-Profis sind, haben wir mit unserem Modularen Querbaukasten bewiesen“, sagte Diess. Dieses System soll jetzt auch auf die Elektromodelle übertragen werden.

Bald auch eine Kooperation mit Ford?

Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass das Start-up der einzige Elektropartner von VW bleibt. Zudem soll der Baukasten laut VW für jeden Konkurrenten bereitstehen. Es ist bereits im Gespräch, dass Ford einer der nächsten Partner werden könnte. Die beiden Unternehmen sollen gemeinsam schon einmal eine Allianz für Pick-up Trucks ausgehandelt haben. Ford gilt in der Branche als eher schlecht vorbereitet was die Elektromobilität angeht. Eine Kooperation in diesem Bereich wäre also durchaus attraktiv.

Zwar gibt VW der Konkurrenz damit die Chance in Sachen Elektromobilität stärker zu werden und so den Wettbewerb zu schnüren. Auf der anderen Seite verdient VW jedoch an jedem einzelnen verkauften Auto mit. Doch auch die möglichen Kooperationspartner sollten es sich gut überlegen ob sie tatsächlich eine Kooperation eingehen wollen, da sie sich dabei stark abhängig von den Wolfsburgern machen würden. Dass jedoch auf beiden Seiten eine Bereitschaft besteht, solch einen Schritt zu wagen, zeigt, wie hoch die Erwartungen an die Branche tatsächlich sind.