Deal zwischen USA und Mexiko

Autor: Thanh Duy Tran
Datum: 03.09.2018

Schwerwiegende Folgen für VW und BMW möglich

Auch wenn der Nachfolger des nordamerikanischen Freihandelsvertrages Nafta auf den ersten Blick besser als sein Vorgänger scheint, so hat er doch einige Schwachstellen.

„Das Abkommen verhindert einen Handelskrieg, bedeutet in der Summe aber ein gewisses Zurückdrehen der Globalisierung, zumindest in der Industrie“, so Christoph Balz, Commerzbank-Ökonom. Zukünftig könnten nordamerikanische Autos dadurch teurer werden, wodurch es zudem schwieriger werden wird diese zu exportieren.

Trumps Ziel ist es, mit dem neuen Abkommen die globalen Lieferketten so zu verändern, dass sie zu seiner „America first“-Politik passen. Der US-Präsident will das Nafta-Abkommen, welches bereits 24 Jahre alt ist, so schnell wie möglich neu verhandeln. Dadurch will er die Handelsdefizite mit seinen Nachbarländern reduzieren und Firmen wieder in die USA locken, damit diese dort Jobs schaffen.
Noch ist nicht klar, ob der US-Kongress einem Mexiko-Deal überhaupt zustimmt. Besonders problematisch wird es, wenn Kanada davon ausgeschlossen wird.

Auch die deutsche Wirtschaft steht dem ganzen eher kritisch gegenüber. Zwar freue man sich über eine Einigung, jedoch sei man eher skeptisch. „Bricht der Dreierpakt zwischen den USA, Mexiko und Kanada auseinander, würde dies auch die deutschen Unternehmen in Nordamerika treffen. Denn diese haben dort in Milliardenhöhe investiert und über Jahre umfassende Lieferketten aufgebaut“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben. Mit einem kritischen Blick auf Kanada warnt Wansleben: „Hier herrscht zunächst Unsicherheit statt Erleichterung“. „Die Wertschöpfungsketten in den drei Ländern sind eng verflochten“, erklärte auch Bernhard Mattes, der Präsident des Automobilverbandes VDA.

„Wir werden nur einem neuen Nafta-Vertrag zustimmen, der gut für Kanada ist“, teilte die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland mit, die ihre Europa-Reise unterbrach, um bei Verhandlungen in Washington dabei zu sein.

Bei den politischen Vorgaben für „local content“ in der Automobilindustrie konnte Trump bereits erste Erfolge erzielen. So soll der Mindestanteil der mexikanischen und amerikanischen Wertschöpfung von 62,5 Prozent auf 75 Prozent angehoben werden. Zum Vergleich: Deutsche Premiumhersteller wie Daimler oder BMW liegen aktuell bei Werten zwischen 60 und 70 Prozent. Die Ursache dafür liegt darin, dass BMW und Daimler ihre Motoren nicht im Nafta-Raum produzieren lassen, anders sieht das bei VW aus. Die Premiumhersteller bauen ihre Motoren innerhalb Europas und verschiffen diese anschließend in die USA. In Branchenkreisen hieß es, dass man Daimler und BMW versuche in die Motorenwerke in den USA zu zwingen.

Aktuell werden bereits Fahrzeuge der Marken Daimler und BMW in den USA produziert. Werke in Mexiko folgen. Auch wenn beide Unternehmen die neuen Forderungen wohl erfüllen, um in Zukunft aber weiterhin zollfrei zu sein, müssen 40 bis 45 Prozent der geleisteten Arbeitsstunden mit einem Durchschnittslohn von 16 Dollar pro Stunde vergütet sein. In den mexikanischen Werken wird es aber wohl schwer werden, diesen Vorgaben gerecht zu werden. Immerhin liegt der Durchschnittslohn in Mexiko lediglich bei etwa zehn Dollar. Betroffen sind davon auch Konzerne wie etwa Bosch oder Continental, welche ihre Werke südlich vom Rio Grande erbaut haben.

Weitaus mehr trifft der Freihandelsvertrag die japanischen Automobilhersteller. Immerhin tragen über 1,5 Millionen japanische Autos das Lable „made in Mexiko“. Toyota ist „sehr erfreut“ über die Einigung, Nissan „ermutigt“. Es besteht jedoch Sorge, da Details noch nicht geklärt wurden und es eventuell Folgen für die Geschäfte haben könnte. „Wir werden gründlich alle Konsequenzen der Veränderungen von Nafta studieren, inklusive der Local-content-Anteile, bevor wir überlegen, wie wir angemessen reagieren“, sagte ein Mazda-Sprecher.

Christopher Richter, Autoanalyst bei CLSA, sagte, dass die Bedingungen in den USA sich durch die neuen Regelungen verbessern werden und die Japaner damit vorerst ihre wirtschaftliche Grundlage behalten werden.

Für die Kanadier dürfte die Sorge jedoch am größten sein, da das Land durch den Deal zwischen Amerika und Mexiko plötzlich alleine dasteht. Doch Kanada kann nach der ersten Vereinbarung zur Autoindustrie leben. Flavio Volpe, Präsident des Verbandes der Autoteilehersteller Kanadas, sagte, dass die Vereinbarung „für die Industrie praktikabel“ sei.

Und auch Kanadas Forderung nach dem fünfjährigen „sunset clause“ ist deutlich zurück gegangen. Schließlich wäre das neue Nafta-Abkommen über einen Zeitraum von 16 Jahren gültig. Nach sechs Jahren gäbe es eine Überprüfung des Abkommens nachdem entschieden wird, ob Aktualisierungen oder Änderungen nötig sind. Im Anschluss würde man sich für ein weiteres Abkommen entscheiden oder den Pakt auslaufen lassen. Kanada wird daran wohl keinen Gefallen finden, was jedoch kein Grund ist, das Abkommen zu boykottieren. Ottawa fühlt sich dennoch stark unter Druck gesetzt mit den USA auf einen Nenner zu kommen. Justin Trudeau, Premierminister von Kanada, und Donald Trump führten bereits Gespräche zu der aktuellen Lage.

Die konservative Opposition äußerte sich kritisch: „Kanada sieht von außen zu, während kanadische Arbeitsplätze in der Schwebe sind“, so Andrew Scheer, Vorsitzender der Konservativen, in einem Tweet. Trump hat die Macht über die Situation und sich ebenfalls zu der Lage geäußert: „Entweder wird es Zölle auf Autos geben, oder wir werden einen ausgehandelten Vertrag haben.“ Trump betonte damit seine Entschlossenheit, die Strafzölle für kanadische Autoexporte in die USA auf 25 Prozent anzuheben. Dies könnte vor allem für die Autoindustrie in Ontario schlimme Folgen mit enormen Verlust von Arbeitsplätzen haben. In Ontario sitzen viele Autoteileproduzenten, die ihre Produkte in die USA liefern.

Zudem ist auch nicht sicher, wie Ottawa auf die Vereinbarung zur Streitschlichtung reagieren wird, in denen Konflikte zwischen den Staaten und zwischen den Nafta-Staaten und Unternehmen geregelt sind. Kanada wollte eine Streitbeteiligung durch Sondergerichte, welche nun aber abgeschafft werden soll.

Und auch der Druck der USA auf Kanada, in Sachen Milch- und Geflügelwirtschaft dürfte sich verstärken. Doch Trudeau zeigte bereits, dass sein Verhandlungsspielraum hier sehr gering ist. „Meine Position, wenn es um Versorgungsketten geht, hat sich nicht verändert“, sagte Trudeau.

Doch Steve Mnuckin, US-Finanzminister ist zuversichtlich, dass es bis Ende nächster Woche eine Einigung mit Kanada geben werde. „Wir müssen Kanada jetzt schnell an Bord holen“, sagte er dem US-Sender CNBC.

Trump hingegen ist mit den aktuellen Ergebnissen mehr als zufrieden und nannte die Situation einen „großen Tag für den Handel“. Ganz besonders freute er sich über die Abschaffung der Bezeichnung „Nafta“, da er seinen Wählern versprochen hatte, das Abkommen abzuschaffen.