Komplikationen mit WLTP-Standard bei VW
Autor: Mario Schmidtgen
Datum: 03.09.2018
Erst sieben von 14 Modellen überprüft
Die Lkw-Zufahrt des Volkswagen-Werkes gleicht einer Geisterstadt. Bis zum Herbst wird freitags in Wolfsburg nicht mehr produziert.
Grund dafür sind Komplikationen mit den Zulassungs- und Verbrauchstests nach WLTP-Standard. Ab kommenden Samstag ist in der EU nur noch der Verkauf von Autos gestattet, die mit den WLTP-Tests überprüft wurden.
Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten hängt VW in Sachen WLTP-Zulassung jedoch ganz schön hinterher. Eine Produktion von Modellen ohne den Zulassungsbescheid ist aber nicht möglich, weshalb Schließtage in Wolfsburg eingeführt wurden. Und auch das Polo-Werk in Navarra schließt im September für insgesamt acht Tage.
Bislang verfügen erst sieben von 14 VW-Modellen über die nötigen WLTP-Papiere. Doch selbst hier ist nicht jede Modellvariante geprüft, sondern lediglich bestimmte Ausstattungen. Dadurch ist es immerhin möglich ausgewählte Modelle von Passat, Touareg und T-Roc ab dem 1. September zu verkaufen. Für die wichtigsten Modelle Golf und Tiguan gibt es zur Zeit allerdings noch keine WLTP-Zulassung.
Trotz alldem versucht Volkswagen seinen Kunden Hoffnung zu machen und sie zu beruhigen. Mit der Zulassung des Golfs sei „in den nächsten Tagen und Wochen“ zu rechnen. Zudem hört man aus Konzernkreisen, dass bis Ende September rund 70 Prozent der VW-Modelle zulassungsbereit sein sollen.
Die Kunden müssen jedoch bereit dafür sein, dass sie nicht unbedingt genau das Auto erhalten, welches sie ursprünglich bestellt hatten. „Aufgrund der Umstellung auf das neue Zulassungsverfahren nach WLTP kann das von Ihnen gewählte Modell bei Auslieferung nach Modelljahreswechsel hinsichtlich technischer Eigenschaften und Ausstattungen abweichen“, werden VW-Kunden bei einer Online-Konfiguration gewarnt.
Kein anderer Autohersteller hat bei der WLTP-Umstellung mit so vielen Problemen zu kämpfen wie Volkswagen. Opel meldete am Donnerstag, dass alle Modelle rechtzeitig zum Start von WLTP zur Verfügung stehen. Dies gilt auch für den Mutterkonzern PSA, zu der auch die Marken Peugeot, Citroën und DS gehören.
Wie groß das Problem bei VW ist, zeigt auch der ADAC. Der größte deutsche Automobilklub hat eine Liste mit den Modellen veröffentlicht, die die Zulassungsbedingungen gemäß „Euro 6d temp“ erfüllen. Die Liste ist voll mit Modellen der Marken Mercedes und BMW. VW kann gerade einmal neun Autos vorweisen.
VW gibt vor allem der Dieselaffäre die Schuld dafür, dass die WLTP-Zulassungszahlen so schlecht aussehen. Seit Herbst 2015 beschäftigen sich die Entwicklungsingenieure mit der Behebung ihres selbstgeschaffenen Problems: Die Dieselmanipulation musste rückgängig gemacht werden. Nach dieser Phase besteht aktuell vor allem in den Bereichen Zeit und Personal ein Problem bezüglich der WLTP-Standards.
Wenn es hart auf hart kommt, kann es sein, dass der operative Ertrag bei VW um etwa eine Milliarde Euro zurück geht. Volkswagen hofft jedoch auf das Beste.
Arndt Ellinghorst, Automobilanalyst bei Evercore ISI, schätzt die Situation als händelbar ein. In der kommenden Zeit sollen die Produktionsausfälle aus August und September in Zusatzschichten wieder aufgeholt werden.
„Wir werden das künftig alles besser machen“, verspricht Vertriebschef Thomas Zahn. Das kommende Jahr wird zeigen, inwieweit Volkswagen seine Versprechen einhalten kann.
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