Dieselfahrverbot in Frankfurt

Autor: Mario Schmidtgen
Datum: 10.09.2018

Händler und Kunden alamiert

In Kürze sollen auch in Frankfurt Fahrverbote für Dieselfahrzeuge eingeführt werden. Das hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden nun so entschieden. Grund dafür war eine Klage des Verwaltungsgerichts Wiesbaden, weil die Schadstoffgrenzwerte in Frankfurt weit überschritten werden.

Im Februar wurden Dieselfahrverbote vom Bundesverwaltungsgericht generell als zulässig erklärt. Den Beginn machte Hamburg im Mai mit einem Durchfahrtsverbot für Dieselautos und Lkw. Experten sind sich sicher, dass auch noch einige andere Städte mitziehen werden. Für die Dieselbesitzer, Händler und die Automobilhersteller bedeutet das schwere Folgen und große Veränderungen.

Die größte Problematik liegt darin, dass auch Autos mit der Abgasnorm 5 von den Fahrverboten betroffen sind. Bei denen handelt es sich jedoch meist um gewerbliche Fahrzeuge, welche gezwungenermaßen im Stadtverkehr unterwegs sein müssen. Erst vor Kurzem hatte Baden-Württemberg versucht für diese Fahrzeuge eine Sonderregelung zu finden – leider erfolglos.

In Frankfurt wird das Dieselfahrverbot ab dem 1. Februar 2019 gültig. Betroffen sind Autos der Norm Euro 4 oder älter. Euro-5-Fahrzeuge werden noch bis etwa September 2019 geschont.

Schon seit 2010 gelten innerhalb der Europäischen Union Grenzwerte für Feinstaub und Schadstoffe um die Luft so rein wie möglich zu halten. Laut der EU-Kommission sterben jedes Jahr rund 400.000 Menschen früher durch die hohe Luftverunreinigung. 2003 seien alleine 70.000 Menschen durch Stickoxide gestorben.

Das Limit beträgt aktuell 40 Mikrogramm je Kubikmeter, wird jedoch in den Ländern Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien regelmäßig überschritten. Die EU-Kommission will daher gegen die Länder Klage einreichen. Die Deutsche Umwelthilfe hat ihre Klagen gegen 16 Städte bereits eingereicht.

Insgesamt verstoßen 28 Gebiete gegen die Grenzwertlimits. Mit dabei die Ballungsräume Berlin, München, Stuttgart und Hamburg. Und auch die großen NRW-Städte Köln und Düsseldorf sind betroffen. Insgesamt verstoßen rund 50 deutsche Städte gegen die Belastungsgrenzen, auch wenn es oftmals nur an einigen Straßen der Fall ist.

Laut der EU entstehen rund 40 Prozent der Stickoxidemissionen im Straßenverkehr. 80 Prozent davon werden von Diesel-Autos ausgestoßen. Von den Plänen der Städte, wären alle Fahrzeuge mit Diesel-Euro-5 abwärts betroffen, also insgesamt vier von fünf Diesel-Autos.

Doch auch die neuen Euro-6 Modelle stoßen eine zu hohe Menge an Stickoxiden aus. Die Autohersteller lassen sich das jedoch nicht nachsagen und gaben an, dass Motoren die nun auf den Markt kommen das Problem lösen werden. Ab 2019 darf der Grenzwert nur noch doppelt so hoch wie erlaubt sein und 2021 sogar nur noch anderthalbmal so hoch. Dieser Spielraum ist genehmigt, da Realbedingungen wie Beladung, Tempo und Straßensteigung sich auf die Werte auswirken können, weshalb ein Einhalten der Laborwerte quasi unmöglich ist. Bis die Luft jedoch wirklich besser wird, wird es laut Angaben des Umweltbundesamt mit Sicherheit noch mindestens bis 2025 dauern.

Die Städte sehen die Fahrverbote als eine Chance mehr Menschen dazu zu bewegen, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Baden-Württemberg hingegen verhandelt über eine Nachrüstung von Euro-5-Motoren, da der Stickstoff-Ausstoß dadurch genauso gut gesenkt werden könnte wie durch ein Fahrverbot. Welche Kosten das jedoch mit sich bringt ist unklar.

Wichtig ist es den Ländern vor allem endlich eine bundesweite Einigung zu finden. So überlegte man beispielsweise eine blaue Plakette einzuführen, welche es Autos unter dem Euro-6-Standard verbietet die Städte zu befahren. Dieser Vorschlag ist allerdings schon längst Geschichte. Im Fokus steht aktuell viel mehr die Industrie. Würde man beispielsweise Busse, Taxen und die Fahrzeuge der Behörden mit Elektromotoren ausstatten, so gäbe es für die Privatfahrer keine Probleme mehr.

Der ADAC geht sogar soweit, dass er eine Kaufwarnung für seine Mitglieder herausgegeben hat. Wer mit seinem Auto die Umweltzone befahren möchte, soll sich besser für einen alternativen Antrieb entscheiden oder erst im kommenden Jahr ein Fahrzeug kaufen, wenn die Euro-Norm 6d TEMP Fahrzeuge auf den Markt kommen.

Viele Dieselfahrer haben zu Recht Angst vor einem Wertverlust ihres Fahrzeuges. 2017 bekam man für einen drei Jahre alten Benziner mit einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 Kilometern noch etwa 56,4 Prozent des ursprünglichen Preises. Bei Dieselfahrzeugen waren es damals noch 56 Prozent. Im Juli 2018 gab es schon ein ganz anderes Bild: Für ein gebrauchtes Dieselauto bekam man nur noch rund 52,7 Prozent des Listenpreises, beim Benziner hingegen satte 57,5 Prozent. „Der prozentuale Abstand hat sich jetzt seit mehreren Monaten stabilisiert“, sagt Bernd Reich vom DAT.

Automobilexperten raten nun bloß nicht in Panik zu verfallen. Denn wer nun sein Dieselfahrzeug verkauft, der muss mit hohen Verlusten rechnen. „Wer es sich leisten kann und seinen älteren Diesel umtauschen möchte, der sollte unbedingt warten, und zwar bis Fahrzeuge mit der neuen Abgasnorm Euro 6d auf den Markt kommen“, sagt Stefan Heimlich vom Automobilclub Europa. Vor allem die osteuropäischen Länder haben Interesse an den gebrauchten deutschen Dieselfahrzeugen. Alleine im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Ausfuhren von gebrauchten Diesel-Fahrzeugen um 20,5 Prozent.

Im Vergleich zu den Benzinfahrzeugen sind Dieselautos nur schwer an den Mann zu bringen. Es dauert im Durchschnitt rund 98 Tage um einen Diesel zu verkaufen. Im Februar waren es allerdings noch 102 Tage, woraus schließen lässt, dass sich die Lage zu entspannen scheint. Die Standzeit der Benziner ging im gleichen Zeitraum allerdings um ganze 13 Tage auf 75 Tage runter.

Für den Chef des deutschen VW- und Audi-Händlerverbandes, Dirk Weddingen von Knapp, sind die Fahrverbote ganz klar eine Nummer zu hoch. „Man kann die alten Diesel nicht zu Sondermüll erklären“, schimpft er. Auch die Händler leiden unter der Dieselkrise. Laut dem Zentralverband Deutsche Kraftfahrzeuggewerbe, nagen einige Händler an der Existenz-Grenze.

Der Hauptgrund, warum die Verkaufszahlen der Dieselfahrzeuge noch nicht komplett den Bach herunter gegangen sind, sind die Flottenkunden. Viele Dienstwagen sind mit Dieselmotoren ausgestattet. Der Anteil liegt bei etwa 50 Prozent. Häufig sind diese Autos im Besitz von Vielfahrern, wodurch sich die günstigen Verbrauchswerte des Diesels schnell rechnen. Doch auch die Leasinggesellschaften müssen nun auf die fallenden Restwerte reagieren und werden mit höchster Wahrscheinlichkeit die monatlichen Leasingraten anheben. „Auch bei ihren Leasinggesellschaften werden die Autobauer stabilisieren müssen. Das kostet richtig Geld“, sagte Ferdinand Dudenhöffer, Automobilprofessor an der Universität Duisburg-Essen.

Auch die Hersteller bekommen immer mehr Probleme durch die sinkenden Restwerte der Dieselflotten. Immerhin wird ihr Hauptgeschäft durch die Leasingtöchter bestimmt. Laut Evercore drohen den deutschen Herstellern Zusatzbelastungen von über 1,1 Milliarden Euro. Damit würden die Hersteller zwischen zwei und 3,5 Prozent ihres operativen Gewinns verlieren.

Wie die Situation sich weiterentwickeln wird ist noch unklar. Doch sogar die Autohersteller reden von einem zusätzlichen Abschreibungsbedarf in Milliardenhöhe. „Die Autobauer wird das teuer zu stehen kommen“, glaubt Automobilprofessor Dudenhöffer.

Bei den Neuzulassungen hat die Zahl der Diesel-Fahrzeuge enorm abgenommen: Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Diesel-Neuzulassungen um 13,2 Prozent gesunken, während die Zahl der Benziner um 13,8 Prozent zunahm. Doch Bernd Reich vom DAT bemerkt eine leichte Stabilisierung der Situation. „Der Markt bietet den Diesel zu günstigen Preisen an, was von den Verbrauchern genutzt wird.“

Auf lange Sicht stehen die Chancen für den Diesel allerdings eher schlecht. 2015 lag der Anteil der Neuzulassungen noch bei 48 Prozent, aktuell sind es hingegen nur noch 32,2 Prozent. „Alle, die unter Fahrverboten leiden, werden den Diesel in Zukunft mit sehr spitzen Fingern anpacken“, ist sich Dudenhöffer sicher.