Drohende Energiekrise

Autor: Thomas Wandler
Datum: 28.09.2021

Statement der IEA

Europa scheint zunehmend von einer Energiekrise bedroht zu sein. Schon in den vergangenen zwei Wochen berichteten europäische Medien über sehr stark gestiegene Gaspreise. Am letzten Freitag titelte die Neue Zürcher Zeitung: „Europa schlittert vor dem Winter in eine Energiekrise: Was ist nur an den Erdgas- und Strommärkten los?“.

Aufgrund der aktuellen Brisanz des Energiethemas wird an dieser Stelle nun näher auf ein Statement der Internationalen Energieagentur (IEA) eingegangen. Diese Erklärung zu den jüngsten Entwicklungen auf den Erdgas- und Elektrizitätsmärkten veröffentlichte die IEA am 21. September.

Mehrere Gründe für hohe europäische Gaspreise

Die IEA erklärt, dass der steile Anstieg der europäischen Gaspreise auf eine Kombination aus einer starken Nachfrage und einem knapperen Angebot als erwartet zurückzuführen sei. Außerdem nennt die Energieagentur wetterbedingte Faktoren als Grund. Dazu gehören demnach eine besonders kalte und lange Heizperiode in Europa im vergangenen Winter und eine geringere Verfügbarkeit von Windenergie als üblich in den letzten Wochen.

Des Weiteren weist die IEA drauf hin, dass die europäischen Preise auch die allgemeine Dynamik des globalen Gasmarktes widerspiegeln. Hierbei werden starke Kälteeinbrüche in Ostasien und Nordamerika sowie Hitzewellen in Asien genannt. All dies trug laut IEA zum Aufwärtstrend der Gasnachfrage bei. In Asien war die Nachfrage nach Gas das ganze Jahr über stark. Daran haben der IEA zufolge China, Japan und Korea einen besonderen Anteil.

Hinsichtlich der Angebotsseite schreibt die Energieagentur, dass die weltweite Produktion von Flüssigerdgas (LNG) hinter den Erwartungen zurückblieb. Das sei auf eine Reihe ungeplanter Ausfälle und Verzögerungen rund um den Globus zurückzuführen.

Niedrige Gasspeicherbestände in Europa

Durch ungeplante Ausfälle und starke Kälteeinbrüche könnte der europäische Gasmarkt in Zukunft mit weiteren Belastungsproben konfrontiert werden, erwartet die IEA. Dabei weist die Energieagentur darauf hin, dass die Gasspeicherbestände in Europa deutlich unter dem Fünfjahresdurchschnitt liegen.

Russland erfüllt zwar laut IEA seine langfristigen Verträge mit den europäischen Partnern. Seine Exporte nach Europa seien jedoch geringer als 2019. Nach Ansicht der IEA könnte Russland mehr tun, um die Gasverfügbarkeit für Europa zu erhöhen.

Europäische Strompreise auf Rekordhoch der letzten zehn Jahre

Die europäischen Strompreise sind in den letzten Wochen erheblich gestiegen. Sie kletterten nach Aussage der IEA auf den höchsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt. In vielen Märkten haben sie der Energieagentur zufolge die Marke von 100 Euro pro Megawattstunde überschritten. In Deutschland lagen die Preise im September etwas drei- bis viermal so hoch wie die Durchschnittswerte 2019 und 2020.

Als Grund für diesen Anstieg nennt die IEA die starke Erhöhung der Gas-, Kohle- und Kohlenstoffpreise in Europa. Der starke Anstieg der Gaspreise habe die Stromversorger in einer Reihe von europäischen Märkten dazu veranlasst, bei der Stromerzeugung von Gas auf Kohle umzusteigen. Dies sei ein Trend, der ohne den Anstieg der Preise für Kohlenstoffemissionszertifikate auf dem europäischen Markt noch ausgeprägter gewesen wäre, schreibt die IEA.

Ausblick

Für die nächste Zeit geht die IEA davon aus, dass sich die Verbindungen zwischen den Strom- und Gasmärkten nicht auflösen werden. Gas sei in vielen Regionen nach wie vor ein wichtiges Instrument zum Ausgleich der Strommärkte. Die weltweite Gasnachfrage wird zwar nach Meinung der IEA durch die Umstellung auf saubere Energien zurückgehen. Aber sie werde ein wichtiger Bestandteil der Stromversorgungssicherheit bleiben, wie die Energieagentur in ihrem Statement deutlich betont.