Deutsche Unternehmen bevorzugen globale Lieferketten

Autor: Thomas Wandler
Datum: 13.08.2021

Bei Rückverlagerung drohen Wohlstandsverluste

Viele Unternehmen in Deutschland bevorzugen offenbar internationale Lieferketten, trotz der Schwierigkeiten während der Corona-Krise. Das geht aus einer Studie des Ifo-Instituts hervor, die den Titel „Internationale Wertschöpfungsketten – Reformbedarf und Möglichkeiten“ trägt.

Dazu gab das Ifo-Institut seiner Pressemitteilung Anfang dieser Woche folgende Überschrift: „Deutsche Unternehmen hängen an ihren globalen Lieferketten.“

Kein Ersatz der globalen Beschaffung

Die Studie entstand im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung. Dafür wurden 5.000 Unternehmen befragt.

Nur jede Zehnte der befragten Firmen ist an einem zukünftigen Ausbau der heimischen Lieferketten interessiert. Es wird deutlich, dass nur wenige Unternehmen in Deutschland die globale Beschaffung ersetzen wollen. „Viele Firmen planen stattdessen, ihre Lagerhaltung auszubauen und die Anzahl ihrer Zulieferer zu erhöhen“, sagt Lisandra Flach, Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft.

Trend betrifft alle Wirtschaftssektoren

Dieser Trend zieht sich durch alle Wirtschaftssektoren, wie das Ifo-Institut schreibt. Nach Aussage der Forscher setzen Großunternehmen auf eine größere Anzahl an Zulieferern. Dagegen planen kleine und mittelständische Unternehmen mehr Lagerhaltung.

Weiter erklärt das Ifo-Institut, dass besonders kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eine stärkere Diversifizierung ihrer Lieferbeziehungen oft nicht leicht falle. Für die KMU sei es häufig mit relativ großem Aufwand verbunden, Geschäftsbeziehungen mit mehreren ausländischen Zulieferern aufzubauen und zu koordinieren. Hier empfiehlt Andreas Baur, Co-Autor der Studie, eine mittelstandsfreundlichere Ausgestaltung von Handelsabkommen.

Höherer Änderungswille in der Industrie

44 Prozent der Unternehmen planen laut Pressemitteilung des Instituts, ihre Beschaffung zu ändern. Im Großhandel sind es 35 Prozent, im Einzelhandel 27 Prozent und im Dienstleistungssektor nur 10 Prozent der Firmen.

Dazu erklärt Lisandra Flach „Industrieunternehmen geben häufiger an, ihre Beschaffungsstrategie zu verändern, wenn sie von Materialmangel betroffen sind.“

Mögliche Wohlstandsverluste

Der Studie zufolge kann eine Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland (Reshoring) oder ins nahe gelegene Ausland (Nearshoring) zu hohen Wohlstandsverlusten führen. „Bei einer Rückverlagerung könnte die reale Wirtschaftsleistung Deutschlands um fast 10 Prozent zurückgehen“, erläutert Flach. Bei einer Rückverlagerung der Produktion zu europäischen Nachbarn erwarten die Ifo-Forscher ein Absinken der deutschen Wirtschaftsleistung um 4,2 Prozent.

Dazu könnte es durch eine Schädigung der Wettbewerbsfähigkeit kommen, wenn Zwischengüter in Deutschland produziert werden müssen, obwohl diese vorher kostengünstiger und vielleicht sogar qualitativ hochwertiger im Ausland beschafft wurden.