Index untersucht Transparenz von Lieferketten in Modebranche
Autor: Osman Cetinkaya
Datum: 30.04.2018
Adidas und Reebok erreichen Transparenz-Höchstwert
Der „Fashion Revolution“-Informationsindex 2018 hat 150 große Modefirmen auf ihre soziale Umweltpolitik untersucht und verfolgt. So möchte der Index für mehr Transparenz in der Lieferkette der Modeindustrie sorgen. Laut den Ergebnissen gibt es jedoch noch zahlreiche große und kleinere Marken, die über ihre Sozial- und Umweltpraktiken keine Auskunft geben oder diese nicht ändern wollen.
Das Bedürfnis nach Transparenz in der Modebranche ist aufgrund von mehreren Vorfällen gewachsen. Große Aufmerksamkeit erregte der Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesch vor fünf Jahren. Tausende von Textilarbeitern kamen dabei ums Leben. Vor Ort wurden die Trümmer durchsucht, um die dort produzierenden Marken zu ermitteln. Einige Händler, dessen Etiketten in den Ruinen gefunden wurden, fanden erst nach Wochen heraus, welche Verträge sie mit den Lieferanten abgeschlossen hatten. Viele Marken wussten nicht, dass ihre Waren in der eingestürzten Fabrik produziert wurden. Nur wenige Mode-Einzelhändler besitzen eigene Produktionsstätten, wodurch sich die Überwachung der globalen Lieferkette erschwert.
In Zuge dessen hat Fashion Revolution es sich zur Aufgabe gemacht, weltweit führende Marken auf ihre Leistung in fünf Schlüsselbereichen zu prüfen. Dazu gehören Richtlinien und Verpflichtungen, Governance, Rückverfolgbarkeit, Know-how und Problembehebung sowie Spotlight-Themen. So sollen die Unternehmen mehr Verantwortung für sichere Arbeitsbedingungen übernehmen. Unter den transparentesten Modemarken weltweit befinden sich Adidas und Reebok. Diese erreichten den höchsten Transparenzwert von 58 Prozent. Darauf folgen Puma, H&M, Esprit, BananaRepublic, Gap, Old Nay, C&A sowie Marks & Spencer mit Werten von 51 bis 60 Prozent.
Asos reiht sich hinter die Top Ten ein und arbeitet seit 2017 an der Erhöhung seines Transparenzwertes. Danach kommen die Marken Levi Strauss, The North Face, Timberland, Vans, Wrangler, G-Star Raw, Tchibo sowie Bershka, Massimo Dutti, Pull & Bear, Stradivarius und Zara. Alle der Marken weisen einen Transparenzwert von 41 bis 50 Prozent auf. Insgesamt wurden dieses Jahr 150 Modemarken untersucht, letztes Jahr waren es nur 100. Die in 2017 geprüften Marken wurden in 2018 nochmal geprüft, um ihren Fortschritt in Sachen Praktiken und Transparenz zu ermitteln. Am stärksten verbesserten sich die Marken The North Face, Timberland und Wrangler, die ihre Transparenz um 22 Prozent erhöhten. Immer mehr Marken haben ihre Fabriklieferanten veröffentlicht, dies bedeutet eine Verbesserung von 12,5 Prozent auf 37 Prozent in diesem Jahr. Auch gaben insgesamt 18% der Marken, 4% mehr als im Vorjahr, Auskunft über ihre Verarbeitungslagen.
Außerdem hat der Index erreicht, dass Luxusmarken mehr Informationen zu ihren Sozial- und Umweltpraktiken bereitstellen. Die meisten Luxus-Modehäuser sind vergleichsweise zu großen Einzelhändlern etwas verschlossener beim Thema Lieferanten und Richtlinien. Jedoch wagen die Luxus-Marken Hugo Boss, Calvin Klein, Tommy Hilfiger, Gucci, Bottega Veneta, YSL und Burberry den Umschwung und erzielen einen Wert zwischen 31 und 40 Prozent. Außerdem haben Hugo Boss, Calvin Klein und Tommy Hilfiger ihre Top-Lieferanten bekannt gegeben und Hermès neben dem Top-Lieferanten auch seine Stoffzulieferer und Verarbeitungsbetriebe.
“In den letzten fünf Jahren haben Millionen von Verbrauchern eine bessere, sicherere und sauberere Industrie gefordert. Es funktioniert. Wir können sehen, dass Marken aufhorchen und die Branche beginnt, sich zu verändern“, so Carry Somers, Global Operations Director und Gründer von Fashion Revolution. „Wir appellieren an die globale Modebranche, ihr Engagement für verantwortungsbewusstes Sourcing in dieser Fashion Revolution Week umzusetzen. Zu viele Menschen in der Modeindustrie, vor allem Frauen, sind immer noch unterbezahlt, prekär beschäftigt und werden misshandelt. Es ist Zeit für eine Veränderung.“
Obwohl die Ergebnisse des Indexes Erfolg aufweisen, muss trotzdem weiter an der Transparenz in der Modeproduktion gearbeitet werden. Eine Offenlegung der Lieferkette kann Probleme bezüglich Menschenrechte und Umweltbedingungen offenlegen und Modefirmen dabei helfen, Verantwortung zu übernehmen und eine Lösung zu finden.
Bisher sind aber nur 55 Prozent der Einzelhändler und Marken bereit, messbare und zeitgebundene Ziele zur Verbesserung der Umweltauswirkungen offenzulegen. Nur 12 Prozent schaffen Anreize für Mitarbeiter für die Verbesserung von Menschenrechten und Umweltmanagement. Jedoch haben mehr Unternehmen Richtlinien zu Bestechungs- und Korruptionsbekämpfung eingeführt. 62 Prozent der Marken legen offen, wie sie mit Problemen und Verstößen in der Lieferanteneinrichtung umgehen.
“Ich finde es immer noch unglaublich, über den Erfolg von Fashion Revolution nachzudenken, und es ist noch schwieriger, seine wahre Wirkung zu beurteilen“, sagte Orsola de Castro, Creative Director und Gründerin von Fashion Revolution. „In den letzten fünf Jahren ist so viel passiert, und jeder ist sich der Auswirkungen der Modebranche auf seine Lieferkette und unsere Umwelt, auf die Notwendigkeit von Transparenz und auf einen intelligenteren Ansatz für Konsum und Produktion so viel bewusster. Wir wissen, dass wir all diese Gespräche direkt beeinflusst haben, mit unseren Fanzines, die beide ausverkauft sind (und die zweite wurde 15.000 Mal auf Issuu in nur wenigen Monaten gelesen), mit unserem Fashion Transparency Index (über 30.000 Mal heruntergeladen) und mit unseren Social-Media-Einfluss, der riesig ist. Wenn wir jetzt unser fünftes Kampagnenjahr beginnen, hoffen wir, dass noch mehr Menschen nach #whomademyclothes“ fragen werden.
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