Audi Chef Stadler sitzt in Untersuchungshaft

Autor: Mario Schmidtgen
Datum: 20.06.2018

Betrug und Verdunkelungsgefahr vorgeworfen

Rupert Stadler, Chef der VW-Tochter Audi, sitzt aufgrund des Dieselskandals in Untersuchungshaft. Ihm wird unter anderem Betrug im Zusammenhang mit dem Verkauf von Dieselfahrzeugen mit manipulierter Abgasreinigung vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft sieht Verdunkelungsgefahr.

„Der Beschuldigte wurde der Ermittlungsrichterin vorgeführt, die den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat“, so die Staatsanwaltschaft München II. Ein VW-Sprecher bestätigte den Verdacht auf Verdunkelungsgefahr: „Darüber hinaus können wir uns vor dem Hintergrund der laufenden Ermittlungen inhaltlich nicht äußern. Für Herrn Stadler gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.“

Aufgrund der aktuellen Situation wurde bei VW eine Krisensitzung einberufen. Laut Konzernkreisen wird wahrscheinlich Bram Schot für Stadler einspringen und zum Interimschef des Vertriebsvorstandes ernannt. Eine endgültige Personalentscheidung wurde jedoch noch nicht getroffen: „Die Aufsichtsräte von Volkswagen AG und Audi AG haben heute noch keine Entscheidung getroffen und prüfen die Sachlage weiterhin“.

Seit elf Jahren ist Stadler Chef bei Audi. Die Staatsanwaltschaft leitete vor einer Woche das Ermittlungsverfahren gegen ihn und ein anderes Vorstandsmitglied von Audi ein. Beiden wird „Betrug sowie mittelbare Falschbeurkundung zur Last“ vorgeworfen. Außerdem werden beide beschuldigt, Dieselautos mit manipulierter Abgasreinigung in Europa in Umlauf gebracht zu haben. Auf der Suche nach Beweismaterial waren die Privatwohnungen von Stadler und dem anderen Vorstandsmitglied untersucht worden. Durch die gefundenen Beweise konnte die Zahl der Beschuldigten auf 20 erhöht werden.

In den USA sitzen nach dem Aufdecken der Manipulation von Abgaswerten bereits zwei ehemalige VW-Manager in Haft. Stadler schien von den falschen Abgaswerten in Europa gewusst zu haben, ordnete aber trotzdem keinen Vertriebsstopp, wie in den USA, an. Auch die Korrespondenz von Stadler und den beiden inhaftierten Managern wird untersucht.

Seit 2009 soll Audi in den USA und Europa rund 220.000 Dieselautos mit falscher Software verkauft haben. Bereits Ende 2015 mussten sechs Vorstandsmitglieder von Audi zurücktreten. Auch Stadler wurde zum Rücktritt aufgefordert. Der 55-jährige ist seit elf Jahren Manager von Audi und wurde bisher stets von den Familieneignern unterstützt. Diese haben sich nun jedoch zurückgezogen und dementierten eine „Nibelungentreue“ zu Stadler. Seine Arbeit werde geschätzt, jedoch gebe es im Falle des Aufdeckens von belastenden Details keinen weiteren Rückhalt mehr. Bisher hat der Abgasskandal den Konzern über 25 Milliarden Euro gekostet.