Daimler nutzt ehemaliges Kohlekraftwerk als Batteriespeicher

Autor: Dimitri Lagun
Datum: 06.08.2018

1920 Batteriemodule bilden in Elverlingsen „lebendes Ersatzteillager“

Ohne Batteriespeicher, mit denen Stromschwankungen ausgeglichen werden können, ist eine Energiewende beinahe unmöglich. Zu diesem Zweck nutzt Daimler nun ein stillgelegtes Kohlekraftwerk.

Die Zahl der Gemeinsamkeiten zwischen Kohlekraftwerken und regenerativer Energie hält sich wohl eher in Grenzen. Doch das Beispiel Elverlingsen zeigt, dass es durchaus möglich ist, diese Gegensätze miteinander zu verbinden. Hier wurde weit über 100 Jahre lang Kohle zu Strom verarbeitet. Besucht man den Ort heute, findet man eine Geisterstadt vor.Seit 2013 lebt dort kein Mensch mehr und auch das Kohlekraftwerk wurde geschlossen. Erst im März wurde der letzte Kraftwerksblock abgeschaltet. Für die Region endet hiermit ein Kapitel, doch ein neues ist schon dabei sich zu eröffnen.

Gemeinsam werden Mercedes-Benz Energy, die Getec Energie AG sowie das Technologieunternehmen „The Mobility House AG“ Teile des verlassenen Kraftwerkes nutzen um dort ihre Energiewende umzusetzen. Es wurde bereits ein Batteriespeicher mit 1920 Batteriemodulen zu einem „lebenden Ersatzteillager“ umgewandelt. Eingesetzt werden sollen diese Batterien, sobald die Zellen in den Elektro-Smarts der dritten Generation kaputt gehen. Die Technologie entwickelt sich so schnell weiter, dass es in ein paar Jahren kompliziert werden könnte, neue Module einfach nach zu bestellen. So wie andere Ersatzteile werden sie daher im Vorfeld schon eingelagert.

Durch das Warten im Lager können die Batterien jedoch beschädigt werden. Eine sogenannte Tiefenentladung könnte dafür sorgen, dass die Batterien defekt sind und schließlich nicht mehr funktionieren. Be- und entlädt man die Lithium-Ionen-Batteriemodule jedoch gezielt, trägt dies sogar zu einer noch länger anhaltenden Leistung bei. Und genau darin liegt die Aufgabe der Partner im Energiespeicher in Elverlingsen, die damit sogar Geld verdienen.

Ein Batteriespeicher kann mit seiner installierten Leistung von 8,96 Megawatt und einer Energiekapazität von 9,8 Megawattstunden rund 1800 Haushalte einen Tag lang mit Energie versorgen. Allerdings wird er in erster Linie dazu genutzt, um dem Energiemarkt Primärregelleistung bieten zu können. Dadurch können Stromschwankungen innerhalb von 30 Sekunden wieder ausgeglichen werden, sollten Erzeugung und Verbrauch nicht miteinander übereinstimmen.

Das Elverlingsener Speichersystem agiert hingegen innerhalb von Millisekunden. Für die Kooperationspartner ist das Konzept daher eine Win-Win-Situation und unterstützt zudem ihre Energiewende, da man zum Ausbau der fluktuierenden erneuerbaren Energien eine wachsende Menge an Primärleistungen benötigt.

Der Speicher in Elverlingsen ist jedoch nicht der erste dieser Art, den Daimler errichtet. Erst kürzlich hat Mercedes-Benz Energy gemeinsam mit enercity (Stadtwerke Hannover) den größten Batteriespeicher innerhalb Europas errichtet. Am Standort Herrenhausen lagern über 3000 Batteriemodule für die dritte Smart Electric Drive Generation in einem Stationärspeicher, welcher ebenfalls über ein Angebot an Primärleistungen verfügt. Die gesamte Anlage kommt damit auf eine Speicherkapazität von 17,4 MWh, was etwa dem Tagesbedarf von 3200 Haushalten entspricht. Die Leistung von 14 MW führt hier ebenso dazu, dass Stromschwankungen in wenigen Millisekunden behoben werden können.

Schon 2016 wurde der größte Second-Life-Batteriespeicher der Welt in Lünen errichtet. Er verfügt über eine Kapazität von 12,8 MWh. Die 1000 ausgedienten Batteriesysteme waren einst Teil des smart Fortwo Electric Drive der zweiten Generation. Denn auch wenn das Auto seine beste Zeit hinter sich gebracht hat, bedeutet das noch lange nicht, dass dies auch für die Batterie gilt. Werden sie stationär eingesetzt, spielt der geringe Kapazitätsverlust so gut wie keine Rolle. Ihre weitere Lebensdauer wird von Daimler noch auf rund zehn weitere Jahre geschätzt.