Deutsche Bahn investiert mehrere Millionen in Beratung
Autor: Marcus Schilling
Datum: 17.09.2018
Eisenbahner reagieren kritisch
Erneut hat die Deutsche Bahn mehrere hundert Millionen Euro in Berater investiert. Doch die Eisenbahner sehen diese Entscheidung als kritisch an. Bahn-Chef Lutz soll nun Lösungen liefern.
„Der Vorstand muss erklären, was er jetzt anders machen will“, fordert der Vorsitzende der Bahngewerkschaft EVG, Alexander Kirchner. Es sei schon lange nicht mehr ausreichend die Zustände nur zu kritisieren. Und auch Jens Schwarz, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats fragt sich: „Wie gehen wir jetzt damit um?“, und erwartet wie Kirchner eine Lösung.
Lutz und die anderen Vorstandsmitglieder hatten erst am 8. September einen Brandbrief an die Führungskräfte der Deutschen Bahn verfasst. In Sachen Wirtschaftlichkeit, Pünktlichkeit, Qualität und Management befinde sich die Bahn zurzeit in einer „schwierigen Situation“. Die von Lutz veranlasste Ausgabensteuerung wurde vom Konzern als Ausgabensperre interpretiert. Der Konzernbetriebsrat fasste dies als „untauglich“ auf.
Ein weiterer Kritikpunkt ist der erneute Einsatz der Unternehmensberatungen McKinsey, Boston Consulting und Strategy&, welcher laut Meinung der Eisenbahner schon damals beim Sanierungskonzept „Zukunft Bahn“ erfolglos war. Die Bahn „braucht nicht noch mehr externe Berater, sie braucht den Sachverstand, der im eigenen Haus im operativen Geschäft vorhanden ist und nur abgerufen werden muss“, so EVG-Chef Kirchner.
Fakt ist: Die Ausgaben für externe Beratung sind deutlich zu hoch. Während die Ausgaben 2012 noch bei 190 Millionen Euro lagen, haben sie nun schon die 325 Millionen Euro Grenze geknackt. Mit den Kosten für den Abschlussprüfer soll sogar ein Wert von 350 Millionen Euro erreicht werden.
Die Idee hinter „Zukunft Bahn“ war es, die Qualität der Dienstleistung deutlich zu verbessern. Für die Kunden der Bahn würde dies zum Beispiel bedeuten, dass die Züge pünktlich ankommen und abfahren. Die aktuelle Lage ist jedoch komplett gegenteilig: Zuletzt lag die Zahl der pünktlichen Fernzüge bei weniger als 70 Prozent.
Noch akuter ist die Situation im Güterverkehr. Während vor einiger Zeit täglich noch 3.000 Güterzüge unterwegs waren, sind es aktuell lediglich 2.500 pro Tag. Schuld daran soll eine neu eingeführte Produktionsstruktur sein. Aktuell wird das zu erwartende Jahresdefizit der DB Cargo auf 165 Millionen Euro geschätzt. Die Politik reagiert mit Kritik und nimmt dabei besonders Verkehrsminister Andreas Scheuer in die Pflicht. Als ein „Alarmsignal in Richtung Bundesregierung, das selbst von einem CSU-Verkehrsminister nicht mehr länger überhört werden kann“, bezeichnete Cem Özdemir, Vorsitzender des Bundestags-Verkehrsausschusses den Brandbrief. Geld sei nicht die Lösung für das Problem. Der Straßenverkehr wurde schon seit langem mehr in den Fokus genommen. Zudem habe die Bahn sich mit dem Ziel das Unternehmen zu einem internationalen Logistikchampion umzubauen überschätzt. Özdemir fordert, dass die Bahn ihren Fokus wieder auf ihr Kerngeschäft legen müsse.
Sören Bartol, SPD-Verkehrspolitiker erwähnte, dass die aktuelle Situation der Bahn „klare Kontrolle und Führung“ durch den Verkehrsminister benötige. Dieser äußerte sich bislang jedoch nur allgemein zur Verkehrspolitik, ohne dabei explizit auf die Probleme der Bahn einzugehen. Immer wieder und wieder betont die Bahn jedoch, dass die Probleme des Konzerns auch stark durch die Verkehrspolitik beeinflusst werden. Das Hauptproblem ist es aber wohl, Konzepte zu entwickeln, die die anderen Probleme nachhaltig lösen würden. Die „unbefriedigende geschäftsübergreifende Zusammenarbeit“, nannte Lutz selbst als Kernproblem.
Beispiel: Es gibt insgesamt drei Produktionsvorstände. Oder: DB Netz kassiert das Geld für die Gleisanlagen, DB Regio und DB Fernverkehr nutzen diese Gleise und müssen dafür bezahlen. DB Station & Service kümmert sich um das Bahnhofsmanagement und die Fahrkartenautomaten sind Teil des Vertriebs der Bahn. Und das alles innerhalb eines jeden Bahnhofes. Eine bessere Lösung gibt es bislang nicht.
Die Aussage, „die operative Steuerung wird in Zukunft stärker aus dem Konzernvorstand heraus erfolgen“, ist stark umstritten. Und genau darin liegt für die Eisenbahner das Problem. „Die Führungskräfte müssen endlich raus aus ihren Bürotürmen und wieder mehr auf die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner hören, die das Geschäft kennen“, forderte Kirchner.
Immerhin ein Punkt bereitet Freude: Die Bahn will rund eine Milliarde Euro in neue ICE- und Eurocity-Züge investieren. Gegen eine frische Arbeitsumgebung wird sich wohl kaum ein Bahnkontrolleur wehren.
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