Discounter Lidl kooperiert mit Öko-Verband Bioland

Autor: Mario Schmidtgen
Datum: 18.10.2018

Umstellung zahlreicher Betriebe nach Bioland-Kriterien

Lidl hat sich nun mit dem größten Öko-Verband in Deutschland zusammengeschlossen: Ab November werden in den Filialen des Discounters Bioland-Produkte angeboten. Lebensmittel, die mit dem grünen Bioland-Siegel versehen sind, unterliegen strengen Regularien. Künstliche Dünger und Pestizide sind tabu, Tiere müssen artgerecht gehalten werden, die biologische Vielfalt und Bodenfruchtbarkeit muss gefördert sowie die Nachhaltigkeit für Mensch und Landwirtschaft gesichert werden. Diese Kriterien sind sogar strenger als das gesetzlich vorgeschriebene EU-Bio-Siegel.

Als erstes werden Äpfel, Kresse und Gartenkräuter ab November in den Filialen bundesweit angeboten. Dann werden ab Januar 2019 die Molkereiprodukte der Eigenmarke von Biomarkt, „BioOrganic“ eingeführt. Ebenfalls folgen Weizen- und Dinkelmehl sowie Bioland-Kartoffeln. Nach und nach werden dann weitere Obst- und Gemüseartikel bundesweit oder im regionalen Angebot je nach Verfügbarkeit verkauft.

Vertrag zur Umstellung der Betriebe

Weiterhin haben Bioland und Lidl einen Vertrag abgeschlossen, gemeinsam konventionelle Betriebe oder EU-Bio-Betriebe an Bioland-Kriterien anzupassen. So können hohe Margen gesichert werden, da Lidl über 3.000 Filialen verfügt. Die Verhandlungen zu der Zusammenarbeit erstreckte sich über rund anderthalb Jahre.

Lidl verfolgt damit eine Strategie, denn Bio-Produkte verursachen einen immer größeren Anteil des Umsatzes: Letztes Jahr wurde zum ersten Mal die 10-Milliarden-Euro Grenze in Deutschland überschritten. Davon wurden sechs Milliarden Euro in Discountern und Supermärkten eingenommen. Dies bedeutet, dass Bio-Produkte statt im Bio-Laden häufiger im Supermarkt gekauft werden.

Verbraucher fordern Transparenz und Umweltfreundlichkeit, insbesondere die jüngeren Zielgruppen. „Es ist ein schwieriger Prozess für die Großunternehmen und es ist kaum noch möglich, weltweite Marken aufzubauen. Der Markt ist gesättigt. Mainstream gibt es so eigentlich nicht mehr. Den kann man sich nicht mehr kaufen. Der Geschmack differenziert sich“, erläutert Ernährungsforscherin Hanni Rützler gegenüber stern. Millennials kaufen bevorzugt natürliche, einfache und regionale Produkte von kleinen Unternehmen.

Biobranche kritisch

Lidl passt sich diesem Trend nun an und sorgt für reichlich Gesprächsstoff in der Biobranche, die befürchtet, dass der Bio-Fachhandel davon negativ betroffen sowie die Bio-Idee verkauft wird. Der Bioland-Verband vertritt jedoch eine andere Meinung: „Wir sind in der Tat oft gefragt worden: Seid ihr euch bewusst, mit wem ihr euch da einlasst? Aber die entscheidende Frage ist doch, was wir insgesamt erreichen wollen. Alle –Bioland-Erzeuger wie bestehende Marktpartner – sind sich einig, dass die Land- und Lebensmittelwirtschaft ökologisch umgebaut werden muss. Wer diesen Prozess aktiv mitgestalten will, kann nicht nur auf den Discount schimpfen. Wenn der auf uns zukommt und eine faire Partnerschaft anbietet, schubst man ihn nicht zur Seite, sondern prüft, ob der Umbau gemeinsam möglich ist. Genau das haben wir getan“, so Bioland-Präsident Jan Plagge gegenüber der Lebensmittel-Zeitung.

Ebenfalls Lidl-Einkaufschef Jan Bock stellt sich gegen das Verramschen von Bio-Produkten: „Wir werden Bioland nicht über den Preis vermarkten, sondern ganz klar über die Mehrwerte der Ware. Das ist ein echtes Novum für uns.“ Auch Pressesprecher von Bioland, Gerald Wehde, versichert im Interview mit dem stern, dass die Kooperation „mit Greenwashing nichts zu tun hat. Dann hätte es auch keinen Vertrag gegeben. Lidl ist an einer ernsthaften Sortimentsumstellung interessiert. Die Kunst ist es jetzt, den Mehrwert von Bioland gegenüber dem EU-Bio-Siegel zu kommunizieren“.“