E.ON: Was hinter dem Rekord-Minus von 16 Milliarden steckt

Autor: Marc Kloepfel
Datum: 15.03.2017

Trotz extremer Verschuldung sei Vorgehen „vertretbar“

„Die Bilanz des Übergangsjahres 2016 ist eine Zäsur, die den Weg von E.ON in die neue Energiewelt frei macht. Damit können wir uns nun voll und ganz auf unsere Kunden in den drei Kerngeschäften Energienetze, Kundenlösungen und Erneuerbare Energien konzentrieren.“ Mit diesen Worten fasste Johannes Teyssen, CEO der E.ON SE, die Bedeutung des Übergangsjahres 2016 zusammen. Der Versorger E.ON teilte am Mittwoch in Essen mit, durch Befreiung von Lasten der Vergangenheit den höchsten Konzernfehlbetrag der Firmengeschichte zu verbuchen. Insgesamt summierte sich das Minus im vergangenen Jahr auf 16 Milliarden Euro.

E.ON schließt damit die strategische Neuausrichtung des Unternehmens nun auch bilanziell ab und ist mit diesem Schlussstrich frei, in den gesunden operativen Kerngeschäften künftig zu wachsen. Prägnant für den Abschluss einer solchen Bilanz waren vor allem die erfolgreiche Abspaltung von Uniper und die Verständigung mit dem Bund über die Finanzierung des Kernenergieausstiegs. Beide Faktoren hinterlassen zwar deutliche Spuren, schaffen jedoch Voraussetzungen für E.ONs Aufbruch in die neue Energiewelt. Das operative Kerngeschäft zeigte sich im Geschäftsjahr 2016 robust. Das bereinigte EBIT für den E.ON-Konzern lag mit 3,1 Milliarden Euro am oberen Ende der Prognose von 2,7 bis 3,1 Milliarden Euro und unter dem Vorjahreswert. Der bereinigte Konzernüberschuss von 904 Millionen Euro lag ebenfalls an der oberen Grenze der prognostizierten Bandbreite von 0,6 bis 1,0 Milliarden Euro und unter dem Vorjahreswert. Ohne die Ergebnisbeiträge von veräußerten Geschäften im Vorjahr stieg der bereinigte Konzernüberschuss um rund zehn Prozent an. Das bereinigte EBIT im Kerngeschäft lag mit 2,5 Milliarden Euro leicht unter dem Vorjahr, in dem positive Einmaleffekte gewirkt hatten. Rund 65 Prozent der Erträge kamen aus regulierten oder langfristig vertraglich abgesicherten Geschäften. Mit der Abspaltung von Uniper waren Abschreibungen von Uniper-Buchwerten von insgesamt rund elf Milliarden Euro verbunden. Die seit der Börsennotierung positive Wertentwicklung von Uniper kann sich bei einem zukünftig geplanten Verkauf der noch von E.ON gehaltenen Uniper-Anteile über entsprechende Veräußerungserlöse positiv auswirken. Mit der Entkonsolidierung von Uniper hat E.ON zudem frühere Währungsverluste aus Uniper-Geschäften in Höhe von rund 3,6 Milliarden Euro aufgrund von Bilanzierungsvorschriften im Ergebnis ausweisen müssen. Die einmalig rund zwei Milliarden Euro für die Verständigung mit dem Bund zur Finanzierung des Kernenergie-Ausstiegs in Deutschland kommen ebenfalls hinzu. Ende letzten Jahres wurde von Bundestag und Bundesrat das entsprechende Gesetz verabschiedet und die dazugehörige vertragliche Vereinbarung mit dem Bund ist inzwischen unterschriftsreif. Das Unternehmen E.ON und seine Aktionäre werden von ewigen Risiken befreit, indem die Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerungen der Abfälle auf den Bund übergehen. Mitte 2017 wird E.ON dafür rund zehn Milliarden Euro an den staatlichen Kernenergie-Fonds zahlen müssen. Diese Zahlung wird zum größten Teil durch bereits vorhandene liquide Mittel und Wertpapiere gedeckt. Der darüber hinaus entstehende Liquiditätsbedarf wird von einem ganzheitlich existierenden Finanzierungsplan abgedeckt. „Die Lösung durch Gesetz und Vertrag ist teuer und schmerzhaft, aber sie schafft Klarheit für die Zukunft und entlastet uns von ewigen Risiken. Sie ist daher auch aus unserer Sicht vertretbar. Letztendlich kommt es dem Unternehmen und unseren Aktionären zugute, dass die Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung nun endlich klar geregelt ist und künftig nicht mehr bei den Kernenergie betreibenden Unternehmen liegt.“, so Teyssen. Diese einmaligen Effekte ergeben unterm Strich den Konzernfehlbetrag für 2016 von rund 16 Milliarden Euro. Die wirtschaftliche Netto-Verschuldung lag mit 26,3 Milliarden Euro über dem Pro-Forma-Wert von 21,3 Milliarden Euro zum Jahresende 2015, aus dem die Anteile von Uniper an der Verschuldung herausgerechnet wurden. An dieser Stelle hat E.ON ein Maßnahmenpaket verabschiedet, um die Verschuldung mittelfristig um rund sieben Milliarden Euro auf rund 20 Milliarden Euro zu reduzieren und das Eigenkapital zu stärken. Möglich sind eine bis zu zehnprozentige Kapitalerhöhung (ABB) und die Emission von Hybrid-Anleihen. Weitere Maßnahmen sind die Veräußerung des Uniper-Anteils, die Übertragung des Anteils an der Nord-Stream 1-Pipeline in den Pensionsfonds, die Optimierung der Kosten für den nuklearen Rückbau, Verkäufe von nicht-strategischen Geschäften und Wahldividenden eröffnen Potenziale, um die Verschuldung um weitere rund fünf Milliarden Euro zu reduzieren. Das Augenmerk liegt zusätzlich zu diesen Einmalmaßnahmen kontinuierlich auf der operativen Effizienz und einer disziplinierten Kapitalverwendung. E.ON hat daher das Investitionsbudget um 20 Prozent oder zwei Milliarden Euro auf nun acht Milliarden Euro für die laufende Drei-Jahres-Periode reduziert.

Für das laufende Geschäftsjahr prognostiziert E.ON ein bereinigtes Konzern-EBIT von 2,8 bis 3,1 Milliarden Euro und beim bereinigten Konzernüberschuss mit einer Steigerung auf 1,2 bis 1,45 Milliarden Euro. Außerdem plant das Unternehmen darüber hinaus weiter mit einer Cash Conversion Rate von mindestens 80 Prozent und einer Kapitalrendite (ROCE) von acht bis zehn Prozent.