Erster Gewinnrückgang seit Jahren bei Ryanair
Autor: Mario Schmidtgen
Datum: 25.10.2018
Billigairline kämpft mit Gewerkschaften
Billigflieger Ryanair erlebt nun den ersten Gewinnrückgang seit Jahren. Im Sommerhalbjahr betrug der Reingewinn mit 1,2 Milliarden Euro sieben Prozent weniger, verglichen zum Ergebnis von 2017. Konzernchef O’Leary wies die Schuld den deutlich höheren Kerosinpreisen sowie gestiegenen Personalkosten zu, denn das Gehalt der Piloten wurde durchschnittlich um 20 Prozent erhöht.
Weiterhin wurde die Airline von internen und externen Streiks belastet. Zum einen entstand ein Konflikt mit den Piloten in Sachen Anerkennung von Gewerkschaften. Zum anderen legten Fluglotsen ihre Arbeit nieder. Trotzdem wuchs der Umsatz um acht Prozent auf 4,8 Milliarden Euro, insbesondere durch die Erfolge beim Zusatzgeschäft. Dazu gehört alles außerhalb des direkten Ticketverkaufs, wie beispielsweise Gepäckbuchungen, Auswahl spezieller Sitzplätze sowie Speisen und Getränke an Bord.
Ryanair war bezüglich des Profits lange die Vorzeigeairline der Billigflieger. Trotz der bedürftigen Services und der Angebote ohne Extras hatte die Fluglinie stets Erfolg. Nun scheint sich dies zu ändern: Letzten Herbst musste Ryanair aufgrund von internen Fehlplanungen beim Dienstplan der Piloten zahlreiche Flüge canceln.
Chef befürchtet „düsteren“ Winter
Nach den Disputen mit dem Flugpersonal gab der Konzernchef nach und ließ Gewerkschaften unter gewissen Bedingungen im Unternehmen zu. Anfang des Monats steckte die Airline ihre Gewinnerwartung für das laufende Geschäftsjahr zurück: Statt 1,225 bis 1,35 Milliarden Euro wurden nur noch 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro kalkuliert.
Laut O’Leary hänge der Erfolg in den nächsten Monaten insbesondere von den Ölpreisen ab. Momentan wird der Preis auf 85 Dollar (ca. 73,80 Euro) je Barrel geschätzt. Analysten vermuten sogar Preise von bis zu 100 Dollar. Aktuell liegt der Preis des Nordseeöls der Sorte Brent knapp unter 80 Dollar, was 40 Prozent teuer als letztes Jahr ist.
Ein weiterer Grund für die Prognose des Konzernchefs sind die Überkapazitäten im europäischen Markt. Jedoch könnte dies auch zu einer Marktbereinigung führen. „Ich hoffe, dass mehr (von den kleinen Anbietern) verschwinden werden, denn sie verdienen es zu verschwinden“, so O’Leary bezüglich der kürzlich angestiegenen Insolvenzmeldungen bei Billigairlines. In den letzten Wochen meldeten beispielsweise die dänische Gesellschaft Primera Air, Cobald aus Zypern sowie die deutsche Tochter von Small Planet Airlines Insolvenz an.
Neben dem Ölpreis drücken auch der starke Dollar und die steigenden Zinsen die Gewinne der Luftfahrtunternehmen, so Analyst Neil Wilson. Da Ryanair seine Kosten stets streng kontrolliert, stehe die Airline noch gut da. Trotzdem belasten Streiks und die Gewerkschaftsfrage das Unternehmen.
Vorwurf der schlechten Arbeitsbedingungen
In Großbritannien, Irland und Italien scheinen die Gespräche rund um die Gewerkschaftsfrage gut voranzukommen. Jedoch soll sich die Lage in Deutschland verschlimmert haben. Zusammen mit der Gewinnwarnung wurde bekannt gegeben, Ryanair wolle die beiden Standorte in Bremen und Weeze Anfang November schließen. Das Personal werde auf andere Standorte europaweit verteilt. Die Gewerkschaft Ver.di und die Pilotenvertretung Vereinigung Cockpit (VC) arbeiten mit Vorbehalt mit Ryanair, abhängig der Sozialpläne der beiden betroffenen Standorte, zusammen.
„Uns begegnen hier Arbeitsbedingungen aus dem 19. Jahrhundert“, kritisierte Ver.di-Chef Frank Bsirske nach dem zwischenzeitlichen Ende der Tarifgespräche. Auch Bundesminister Hubertus Heil (SPD) ist der Meinung, das Beschäftigungsmodell missbrauche die Hoffnungen junger Menschen in Europa, der Konflikt sei daher mehr als eine typische Tarifauseinandersetzung. Daher möchte Heil die Forderungen der Gewerkschaften unterstützen und Betriebsräte bilden. Dies ist bislang aufgrund des Betriebsverfassungsgesetzes abhängig von einer Tarifvereinbarung, wogegen sich Ryanair sowie der Lufthansa-Billigflieger SunExpress gegen wehren. Wie sich dies auf das Vertrauen der Kunden auswirkt, bleibt abzuwarten, so Analyst Wilson.
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