Musterfeststellungsklage gegen VW mit Kunden
Autor: Osman Cetinkaya
Datum: 25.10.2018
Schadenersatz für Tausende VW-Fahrer
VW sollte sich auf die Musterfeststellungsklage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen gefasst machen. Rund 2,5 Millionen Fahrzeuge mussten im Rahmen des Diesel-Skandals zurückgerufen werden. Nun können sich die Besitzer anschließen, man rechnet mit mehreren Zehntausend Klägern.
Neue Klageform
Die neue Musterfeststellungsklage tritt ab dem 1. November 2018 in Kraft und wird gleichzeitig an diesem Tag eingereicht. So soll Verbrauchern geholfen werden, bei Prozessen gegen Unternehmen ihr Recht leichter zu erlangen. Das Prinzip ist eine Art „Einer-für-alle“-Klage. Der Fall VW ist der erste Praxistest für das neue Instrument. Dabei klagen Verbraucherschutzverbände stellvertretend für Gruppen von Betroffenen, was für den Einzelnen weniger Aufwand und Risiko bedeutet.
Wer darf klagen?
Alle Verbraucher, die ein Fahrzeug besitzen, welches vom Rückruf betroffen ist, können bei der Klage mitmachen. Darin sind Diesel von VW, Audi, Skoda und Seat mit Motoren des Typs EA 189 (Vierzylinder, Hubraum: 1,2 oder 1,6 oder 2,0 Liter), welche nach dem 1. November 2008 verkauft wurden, enthalten. Auch wer sein Auto mittlerweile verkauft oder verschrotten lassen hat, kann sich einschließen. Die einzige Bedingung ist, dass die Besitzer noch nicht selbst geklagt haben dürfen.
Die Vorgehensweise
Es funktioniert so: Der Bundesverband der Verbraucherzentralen bearbeitet zehn Fälle und reicht darauf basierend am 1. November 2018 eine Klage beim Oberlandesgericht Braunschweig ein. Falls das Gericht die Klage für zulässig befindet, können sich andere Betroffene beim Bundesamt für Justiz in ein Klageregister eintragen lassen können. Dies kann ohne Anwalt und einfach vorgenommen werden. Innerhalb von zwei Monaten müssen insgesamt 50 Menschen teilnehmen. Wenn die Verhandlung beginnt, kann kein Teilnehmer mehr dazukommen.
Die Aussichtung
Schadenersatz ist nicht direkt in Aussicht. Zuvor wird darüber verhandelt, ob VW unrechtmäßig gehandelt hat. Falls den Kunden Recht auf Schadenersatz zugeschrieben wird, müssen sie selbst handeln. Aufgrund der Grundlage des Musterprozesses gestaltet sich dies aber einfacher als ohne. Die bequemste Lösung wäre ein Vergleich zwischen VW und den Kunden. „Unser Ziel ist, dass Autobesitzer entweder das Auto zurückgeben können und dafür den Kaufpreis erstattet bekommen, wenn sie es behalten wollen, den Wertverlust kompensiert bekommen, oder wenn sie das Auto bereits verkauft haben, eine entsprechende Entschädigung bekommen“, erläutert vzbv-Vorstand Klaus Müller.
Besteht ein Risiko?
Die Prozesskosten im Falle einer Niederlage würde der Bundesverband der Verbraucherzentralen übernehmen. Wer seine Teilnahme bei der Klage angemeldet hat, kann das Urteil abwarten und anschließend die weitere Vorgehensweise beschließen. Falls die Verbraucherzentralen verlieren, sind die Teilnehmer an die Entscheidung gebunden und können nicht mehr vor anderen Gerichten Klage einreichen. Die Anwälte sind jedoch zuversichtlich.
Stellung von VW
Der Autobauer sieht es gelassen und schätzt den Erfolg der Verbandsklage gering ein. „Das Instrument der Musterfeststellungsklage ändert nichts an unserer Position: Es gibt keine Rechtsgrundlage für kundenseitige Klagen im Zusammenhang mit der Diesel-Thematik in Deutschland“.
Im Falle eines Gewinnes
Falls VW einem Vergleich mit den Kunden zustimmt, könnten diese schnell Schadenersatz erhalten. Falls der Autobauer alle Instanzen durchmacht, könnte es sich über Jahre hinwegstrecken, bis die Verbraucher einen Cent sehen. Geschätzt wurde, dass eine mündliche Verhandlung im Jahr 2019 stattfindet und eine Gerichtsentscheidung im Jahr 2020 fällt. Wenn der Fall an den Bundesgerichtshof geht, würde er voraussichtlich 2022 entschieden werden. Anschließend müssten weitere Verhandlungen über individuellen Schadenersatz geführt werden.
Über die genaue Höhe des möglichen Schadenersatzes lässt sich noch nichts sagen, so Anwalt Rolf Stoff. Der Betreuer der Klage für die Verbraucherzentralen findet 15 bis 20 Prozent des Kaufpreises angebracht. In vorherigen Fällen hat der Richter lag die Höhe zwischen 7 und 25 Prozent.
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