So viel tun Aldi, Lidl, Rewe & Co. wirklich für die Menschenrechte

Autor: Osman Cetinkaya
Datum: 25.06.2018

Studie der Hilfsorganisation Oxfam

Der Discounter Aldi zeigt in der Öffentlichkeit gerne, dass Qualität bei ihm im Mittelpunkt steht. Eine Studie der Hilfsorganisation Oxfam hat nun aber ergeben, dass der Discounter es mit den Menschenrechten nicht ganz so ernst nimmt. Den Ergebnissen zufolge, setzt Aldi sich nur sehr wenig für gute Arbeitsbedingungen und die Einhaltung der Menschenrechte in den Produktionsländern ihrer Produkte ein.

Und auch die Konkurrenten Rewe, Lidl und Edeka scheinen nur wenig Interesse an ihrer Lieferkette und Produktion zu haben.

Die Zahl der Vorwürfe ist hoch: Die Mitarbeiter der Lieferanten arbeiten unter dem gesetzlichen Mindestlohn und besitzen teilweise nicht einmal geltende Arbeitsverträge. Zudem sollen sie zu Überstunden gezwungen werden und physische oder verbale Gewalt gegen die Arbeiter sei an der Tagesordnung. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass man auch vor Zwangs- und Kinderarbeit nicht zurückschreckt.

Auf die Gewinne der Supermarktketten scheint das jedoch keine Auswirkungen zu haben. Bei ausgewählten Produkten erhalten Aldi, Rewe und Co. bis zu 50 Prozent des Verbraucherpreises. Zum Vergleich: Der Anteil der Bauern liegt lediglich bei unter acht Prozent.

Ein Negativbeispiel: Aldi, Edeka, Lidl und Rewe beziehen ihre Garnelen von Lieferanten aus Thailand und Indonesien, bei denen schlechteste Arbeitsbedingungen herrschen. Die Arbeiter leiden unter Hungerlöhnen, überlangen Arbeitszeiten und unmenschlichen Arbeitsumständen. Die deutschen Supermärkte erhalten in diesem Fall rund 37 Prozent des Verbraucherpreises, die Garnelenbauern nur etwa 1,5 Prozent.

Zwischen 1996 und 2015 ist der Anteil der Supermärkte am Endpreis von 43,1 Prozent auf durchschnittlich 51,2 Prozent gestiegen. Bei den Kleinbauern gab es lediglich eine Erhöhung des durchschnittlichen Anteils von 6,3 auf 7,1 Prozent.
Vergleich man die deutschen Discounter mit denen aus anderen Ländern, schneidet der deutsche Markt auch hier schlecht ab. Vor allem in Großbritannien und den USA setzen sich die Supermarktketten deutlich mehr für die Menschenrechte entlang ihrer Lieferkette ein.

Bei einer Maximalbewertung der Lieferkette von 100 Prozent, kommt kein einziger der deutschen Supermärkte in den Punkten Transparenz, Arbeitsbedingungen, gerechte Behandlung der Kleinbauern und Frauenrechte über eine Bewertung von acht Prozent hinaus.

Ein positives Gegenbeispiel ist die britische Supermarktkette Tesco, welche sich im Vergleich zu den deutschen Ketten deutlich stärker für die Arbeitsbedingungen auf Lieferantenebene einsetzt. Tesco erreicht einen Wert von 42 Prozent. In Sachen Transparenz liegt Tesco immerhin bei 29 Prozent.

Teilweise nimmt Oxfam Aldi & Co. jedoch in Schutz, da die Handlungsmacht in der Lieferkette nun mal einfach beschränkt sei. Alleine haben die Supermärkte und Discounter keine Chance, die Menschenrechtsverletzungen bei ihren Lieferanten zu verhindern. „Andere Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle“, heißt es in der Studie. „Etwa ungleiche Machtverhältnisse zwischen Wirtschaftselite und Arbeiter vor Ort, Frauen diskriminierende kulturelle Normen sowie der politische Trend, Gewerkschaften zu unterdrücken.“

Auch die Regierungen aller Länder der Welt sind dazu verpflichtet, sich gegen den Machtmissbrauch stark zu machen, so eine Forderung der Oxfam-Studie.

Edeka sprach sich jedoch gegen die Vorwürfe von Oxfam aus und bezeichnete die Studie als „intransparent“ und „nicht nachvollziehbar“. „Es handelt sich hier um eine Kampagne und nicht um eine wissenschaftlich-objektive Studie.“

Sowohl Aldi Nord als auch Aldi Süd nehmen die Studie jedoch etwas ernster und kündigten an, die Ergebnisse und Empfehlungen von Oxfam zu überprüfen. Lidl sagte, dass die im Oxfam-Bericht genannten Themen von großer Relevanz für internationale Handelsunternehmen sei. Laut eigenen Angaben, arbeitet die Rewe-Gruppe „aktiv an der Weiterentwicklung von Sozial- und Arbeitsstandards“.