Supermärkte führen Tierwohl-Label ein

Autor: Mario Schmidtgen
Datum: 15.01.2019

Ab dem 1. April Kennzeichnung auf Fleischprodukten

Die deutschen Handelskonzerne Edeka, Rewe, Lidl und Co. führen eine neue einheitliche Kennzeichnung in ihre Läden ein. Anhand eines einheitlichen Labels auf der Verpackung soll über die Haltungsbedingungen der Schlachttiere des Produkts informiert werden. Dies wurde von der vom Lebensmittelhandel unterstützten Initiative Tierwohl bekannt gegeben. Damit ist die Branche dem Gesetz weit voraus, denn ein staatliches Tierwohl-Kennzeichen soll wahrscheinlich erst ab 2020 Pflicht sein.

Bei Aldi, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto Marken-Discount, Penny und Rewe werden Verpackungen von Rinder- und Schweinefleisch sowie Geflügel ab dem 1. April mit der Aufschrift „Haltungsform“ gekennzeichnet sein. Einige der Unternehmen hatten in den letzten Monaten bereits eine eigene Kennzeichnung in Sachen Tierhaltung eingeführt. Aufgrund der Uneinheitlichkeit sorgte diese jedoch vermehrt für Verwirrung.

Vier Stufen System

Das System ist nun einheitlich für alle Handelsketten und ist in vier Stufen eingeteilt. Die erste Stufe „Stallhaltung“ entspricht nur den gesetzlichen Anforderungen. Bei der zweiten Stufe „Stallhaltung plus“ verfügen Tiere unter anderem über mindestens zehn Prozent mehr Platz und Beschäftigungsmaterial. Fleisch der Stufe drei „Außenklima“ kommt von Tieren, die noch mehr Platz und Frischluft-Kontakt hatten. Bei der vierten und höchsten Stufe „Premium“ hatten die Tiere zudem Auslaufmöglichkeiten im Freien. Dazu gehört beispielsweise Biofleisch.

Das Bundesagrarministerium befürwortet die Initiative des Handels für eine tiergerechte Haltung, betont aber, dass die eigenen Pläne über das Label hinausgingen. Die staatliche Kennzeichnung werde „die gesamte Lebensspanne des Tiers“ kontrollieren. Dabei werde das Tier von der Geburt bis zur Schlachtung verfolgt und nicht nur das Platzangebot oder der Bewegungsradius wie bei der Haltungskennzeichnung berücksichtigt. Die Kategorisierung soll in drei Stufen erfolgen, die erste soll bereits deutlich über dem gesetzlichen Standard liegen. Genaue Kriterien wurden noch nicht festgelegt, jedoch sollen die Tierhalter freiwillig über die Nutzung des Logos entscheiden können.

Lidl war Vorreiter in Sachen Tierwohl

Laut der Initiative Tierwohl sei das neue System „Haltungsform“ so aufgestellt, dass es mit einer staatlichen Kennzeichnung vereinbar sei. Der Discounter Lidl war der Pionier des Systems: Im April letzten Jahres wurde eine Haltungskennzeichnung für die Fleischprodukte der Eigenmarken eingeführt. Lidl machte es sich zum Ziel, bessere Fleischprodukte vermehrt zu verkaufen. Daraufhin folgten zahlreiche Wettbewerber wie Aldi und Rewe.

Einer der Lebensmittelhändler, die sich bei dem Thema zunächst zurückhielten, war Deutschlands größte Handelskette Edeka. Am Freitag gab aber auch er bekannt, ab dem 1. April ebenfalls das gemeinsam entwickelte Siegel zu nutzen. Die Supermarktkette hingegen wird nicht mitziehen und möchte vorerst auf die bundesweit gültige gesetzliche Regelung warten.

Überwiegend positive Reaktionen

Der Deutsche Tierschutzverbund sprach sich für die Initiative des Handels aus, mahnte jedoch, dass dies nicht genug sei. Verbandspräsident Thomas Schröder forderte, die Unternehmen sollten Fleisch aus den Regalen nehmen, bei dem nur der Mindeststandard eingehalten wird. „Der gesetzliche Standard ist aus Tierschutzsicht ungenügend.“ Wenn der Handel sich wirklich einsetzen wolle, solle er auch die Billigpreiswerbung für Fleisch stoppen.

Auch die Verbraucherorganisation Foodwatch kritisierte, dass formale Bedingungen wie Platz nicht ausreichen, um das Wohl der Tiere zu bestätigen. Grünen-Ernährungspolitikerin Renate Künast bezeichnete die Initiative als Ohrfeige für die Ministerin: „Der Handel sagt durch die Blume: Niemand braucht das freiwillige Klöckner-Bauernverbands-Label“.