Thyssenkrupp verfehlt gesenkte Jahresziele
Autor: Mario Schmidtgen
Datum: 20.11.2018
Zahlreiche Schwierigkeiten im Konzern
Thyssenkrupps langjähriger Konzernchef Hiesinger wurde vor wenigen Wochen von Guido Kerkhoff abgelöst. Trotzdem scheint bisher keine Besserung für das Unternehmen in Sicht zu sein: Die Prognose für die Jahresziele musste bereits zwei Mal nach unten korrigiert werden. An diesem Mittwoch sollen die Ergebnisse für das abgelaufene Geschäftsjahr 2017/2018 vorgestellt werden.
Der Grund für die erneut herabgesetzte Prognose sind laut dem Konzern Rückstellungen für drohende Kartellstrafen. Thyssenkrupp hat daher für das abgelaufene Jahr nur noch einen geringen Überschuss von 100 Millionen Euro eingeplant, nachdem im Vorjahr 271 Millionen Euro erreicht wurden.
Pläne zur Aufspaltung kritisch betrachtet
Zudem scheinen die Pläne zur Aufspaltung des Konzerns in eine Industrial AG für die Aufzugssparte und in eine Materials AG für den Anteil am Stahl Joint Venture mit Tata Steel Sorgen zu bereiten. „Ich bin immer noch skeptisch, ob die Aufspaltung der richtige Weg ist“, so Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Thomas Hechtfischer. „Der entscheidende Punkt ist doch: Wie bringe ich das Geschäft voran?“
Schwaches operatives Geschäft
Weiterhin entstehen immer wieder neue Schwierigkeiten in den Konzernsparten. Der Anlagebau entwickelt sich seit Jahren schwach nach oben und auch das Marinegeschäft ist aufgrund eines Projektes in der Türkei von höheren Gesamtkosten als erwartet geplagt. Die Sparte für Autoteile verläuft ebenfalls nicht positiv. Im Aufzugsgeschäft konnten zwar Fortschritte erzielt werden, welche sich jedoch zuletzt wieder in Rückschläge umwandelten. Daraufhin wurde vom Konzern-Chef Kerkhoff Spartenchef Andreas Schierenbeck entlassen „Kerkhoffs Vorhänger Heinrich Hiesinger hat im operativen Geschäft zu wenig Verbesserungen erreicht. Hier muss Kerkhoff liefern“, informiert ein Insider.
Vorstands-Chef büßt Vertrauen ein
Kerkhoff gilt zwar bei den Investoren als wandlungsfähig, trotzdem wird der langjährige Finanzchef, der schon seit 2011 dabei ist, als Vertreter der alten Garde angesehen. Die zwei Gewinnwarnungen in wenigen Monaten haben den Markt geschwächt. „Das zeigt, wie fragil das Geschäft ist und schwächt das Vertrauen in den Vorstand noch weiter, der die Probleme einfach nicht in den Griff bekommt“, bemängelt Portfoliomanager bei Union Investment, Ingo Speich. Auch die Experten des Bankhauses Lampe schätzen, Kerkhoff werde für das neue Jahr keine allzu optimistische Prognose stellen.
Börsenwert gering
Auch die Aktie stürzte in den letzten Wochen ab und liegt derzeit bei 16,50 Euro. Dieser Wert war seit zweieinhalb Jahren nicht mehr so niedrig wie heute. Der Börsenwert von Thyssenkrupp beträgt rund zehn Milliarden Euro und ist damit vor Lufthansa der zweitkleinste Wert im Dax.
Zahlungsdienstleister Wirecard stieg vor zwei Monaten in die erste Börsenliga ein und hat bereits eine fast doppelt so hohe Marktkapitalisierung erreicht. Aufgrund dessen steigen die Übernahmegerüchte von Thyssenkrupp immer mehr. Für die Aufzugssparte soll sich der finnische Konkurrent Kone schon länger interessieren.
Drohende Kartellstrafen
In der Vergangenheit erlaubte sich Thyssenkrupp zahlreiche Kartellverstöße. Obwohl der ehemalige Konzern-Chef Hiesinger eine Null-Toleranz-Politik einführte, hat die Vergangenheit den Konzern nun doch eingeholt. Thyssenkrupp gab vor Kurzem bekannt, aufgrund einer drohenden Strafe der Stahlparte Rückstellungen eingeplant zu haben. Die Aufzugssparte wurde schon einmal zu einer Strafe von 480 Millionen Euro verurteilt, welche später auf 319 Millionen Euro herabgesetzt wurde. Falls der Konzern nun wieder Bußgeld bezahlen muss, wird das neue Jahr davon ebenfalls belastet sein.
Starke Abhängigkeit von Konjunktur
Der Geschäftserfolg von Thyssenkrupp hängt nach wie vor stark von der Konjunktur ab. Falls diese sinkt, werden weitere Einbußen folgen. Insbesondere das Stahl- und Werkstoffgeschäft sowie die Aufzugssparte hängen von der Baukonjunktur ab. Der wichtigste Kunde ist die Autoindustrie, welche jedoch durch die Diesel-Affäre selbst mit Schwierigkeiten kämpft
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