Vernichtung von Rücksendungen bei Zalando, Amazon und Otto

Autor: Dimitri Lagun
Datum: 29.06.2018

Zahl an Retouren wächst immer weiter

Jahr für Jahr schicken die Deutschen eine dreistellige Millionenzahl ihrer Online-Shopping-Pakete wieder an Händler wie Amazon, Otto, Zalando und Co. zurück. Doch was passiert mit der Masse an Rücksendungen? Vor allem Amazon steht dabei in der Kritik. Dem Online-Riesen wird vorgeworfen die Rücksendungen zu vernichten.

Wie viele Pakete genau betroffen sind ist nicht bekannt. Die Zahl der Retouren wird genauso geheim gehalten, wie die Zahl der versendeten Pakete. Laut des Versandhandel-Fachverbands lag der Wert der verschickten Waren im vergangenen Jahr bei 58 Milliarden Euro. Laut Schätzungen sollen das etwa 2,8 Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen gewesen sein.

Die Universität Bamberg hat nun eine Forschungsgruppe gegründet, die sich mit der Retourenforschung beschäftigt. Für das Jahr 2013 schätzten sie die Zahl der Retouren auf etwa 250 Millionen. Da die Zahl der Retouren immer weiter zunimmt, gehen die Experten davon aus, dass auch die Zahl der Rücksendungen gestiegen ist.

Beim Online-Modehaus Zalando herrscht hingegen mehr Transparenz. Das Sortiment des Berliner Unternehmens besteht aus rund 300.000 Artikeln von 2000 verschiedenen Marken. 2017 versendeten sie rund 90 Millionen Sendungen an Kunden in 15 verschiedenen europäischen Ländern. Der Großteil der Retouren beinhaltet Bekleidung und Schuhe: „Über alle Märkte liegt die Retourenquote bei durchschnittlich 50 Prozent“, so eine Zalando-Sprecherin – in keinem anderen Business ist die Retourenquote so hoch wie in der Modeindustrie.

Die Mehrheit der Rücksendungen ist unbeschädigt und geht wieder in den Verkauf. Ware mit leichten Beschädigungen wird zu günstigeren Preisen abverkauft oder gespendet. „Zalando vernichtet Waren nur in Ausnahmefällen, z.B. wenn dies aus gesundheitlichen Gründen – Schädlingsbefall, Schadstoffbelastung oder ähnliches notwendig ist. Dies betrifft etwa 0,05 Prozent aller Artikel“, so das Unternehmen.

Den Kunden fällt das Rücksenden leicht: So bietet Zalando beispielsweise ein Rückgaberecht von 100 Tagen an. Doch mit jeder Rücksendung steigen die Kosten für das Unternehmen, weshalb versucht wird, die Zahl der Rücksendungen in Grenzen zu halten. Eine Möglichkeit um die Zahl der Retouren zu verringern sind Artikelbeschreibung, die so detailliert wie nur möglich sind. Laut einem der Bamberger Retourenforscher war die Zahl der Rücksendungen auch schon zu Zeiten des Quelle-Katalogs nicht wirklich geringer.

Problematisch wird es für die Onlinehändler jedoch wenn Ware gebraucht zurückgesendet wird und damit nicht mehr weiterverkauft werden kann. Zwar gibt es hierzu keine Zahlen, doch Amazon und Otto behaupten beide von sich, zurückgesendete Waren nur in Ausnahmefällen zu vernichten. „Alle Waren werden in so genannten Retourenbetrieben sorgfältig geprüft. Die ganz große Mehrheit der Waren kann sofort wieder zum Verkauf gestellt werden“, heißt es bei Otto.

„Ein kleiner Teil der Waren muss optisch aufbereitet werden – zum Beispiel Entfernen von Fingerspuren an TV-Bildschirmen – und wird dann ebenfalls zum Verkauf gestellt.“ Doch einen „ganz geringen Prozentteil“ könne man einfach nicht mehr retten, so ein Otto-Sprecher. Beschädigte Waren werden sowohl bei Amazon als auch bei Otto an Verwertungsfirmen verkauft, welche diese dann wiederum auf eigene Rechnung an ihre Kunden vertreiben.

Nach eigenen Angaben setzt Amazon mehrere Programme ein, um die Entsorgungsrate von Produkten möglichst gering zu halten. Teil dieser Programme sind Produktspenden an gemeinnützige Organisationen, Recycling oder die Veräußerung an Aufkäufer. „Im uns bekannten Markt für Konsumgüter inklusive Textilien, Lebensmitteln und Werkzeug handelt Amazon unserer Einschätzung nach absolut vorbildlich“, sagte der Geschäftsführer der Schnäppchenplattform restposten.de Stefan Grimm gegenüber dem Online-Fachmedium Internet World Business.

Doch Amazon bietet auch kleineren Online-Händlern die Chance, Amazon als Lager- und Versand-Dienstleister zu nutzen. Dazu zählt auch die Entsorgung. Auf Nachfrage dazu, erhält man lediglich ganz allgemeine Informationen zur Vermeidung von Müll.

Alles in allem ist es also unklar, wie viel retournierte oder beschädigte Ware tagtäglich wirklich im Müll landet. Zalando gibt als Entsorgungsquote 0,05 Prozent an. Nimmt man diese Zahl als Basis für die gesamte Branche, würde das bedeuten, dass europaweit bei einer Menge an Retouren im zweistelligen Milliardenbereich jedes Jahr mehrere Millionen Artikel im Müll landen.

Im Vergleich zur Lebensmittelindustrie ist das jedoch gar nichts. Die Umweltorganisation WWF schätzt, dass in Deutschland jährlich rund 18 Millionen Tonnen Lebensmittel entsorgt werden – Tendenz steigend.